Erfolgshonorar für Ärzte

Mediziner sollen nach Leistung honoriert werden, sagt Krankenkassen-Chef Rebscher. Ärzteverbände reagieren prompt: „Patientenfeindlich, realitätsfern und unmenschlich“ sei der Vorschlag. Grüne halten die Idee für bedenkenswert

von ANNETTE ROGALLA

Kaum ist der Streit um Mindestbeiträge und Verbote von Krankenkassen abgeflaut, naht die nächste Auseinandersetzung. Die Honorierung der Ärzte soll künftig vom Erfolg ihrer Behandlungen abhängen, fordert der Vorsitzende des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK), Herbert Rebscher: Die gesetzlichen Krankenkassen sollen „wo immer es machbar ist, die Vergütung von Ärzten und Krankenhäusern vom Behandlungserfolg abhängig machen“.

Als Effekt einer solchen „ergebnisorientierten Vergütung“ erhofft sich der Kassenchef eine deutlich verbesserte Qualität der Behandlung. Rebscher hat noch kein ausgereiftes Konzept vorgelegt, glaubt aber, dass etwa die Behandlung von Rheuma-, Knie- und Rückenerkrankungen, aber auch von Depressionen möglich ist. Die derzeitigen Vergütungsstrukturen hält er jedenfalls für „hoch problematisch“. Momentan würden die Ärzte daran verdienen, „wenn die Patienten möglichst lange krank sind und möglichst viele Verordnungen brauchen“. Aus „ökonomischer Sicht“ habe „kein Arzt ein Interesse daran, dass der Patient gesund wird, denn dann fallen ja Einkommen aus“. Das müsse sich künftig ändern, sagte Rebscher: Künftig müsse honoriert werden, „wenn ein Patient gesund wird oder seine Leiden gelindert werden, und nicht, dass er möglichst lange krank ist“.

Die Provokation kam an. Rebschers Vorschlag sei „patientenfeindlich“, realitätsfern und „unmenschlich“, schäumen diverse Ärzteverbände. Der Hartmannbund nennt die Idee einen „Skandal ersten Ranges“ und wirft Rebscher vor, in „billigster Marktschreiermanier“ Patienten zu verunsichern. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe hält die Idee gar für „gefährlich“. Zwischen Arzt und Patient könne es niemals einen Werkvertrag geben, in dem die Zahlungspflicht des Auftraggebers entfalle, wenn nicht ein bestimmtes Ergebnis erreicht werde. Der Behandlungserfolg hänge auch vom Patienten ab, sagte Hoppe. So habe ein übergewichtiger Diabetiker, der sich weigere abzunehmen, wesentlich schlechtere Heilungschancen als andere Zuckerkranke. Wenn Patienten sich unvernünftig verhielten, dürfe der Arzt dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden, meint Hoppe.

Bei den Krankenkassen findet Rebscher Zustimmung. Ein Mensch lasse sich nicht nach denselben Kriterien kurieren wie ein Auto reparieren, sagte ein Sprecher der DAK. Aber eine „vernünftige Qualitätskontrolle wollen wir eigentlich alle“. So könnte die Qualität der ärztlichen Arbeit durchaus daran gemessen werden, wie lange der Patient etwa nach einer Hüftoperation im Krankenhaus bleibt oder wie häufig sich nach der OP Komplikationen einstellen. Die grüne Gesundheitspolitikerin Monika Knoche findet den Vorschlag bedenkenswert. Rebscher spreche „etwas Wichtiges an“, so Knoche. Aber man dürfe nicht davon ausgehen, dass künftig nur „medizinische Minimalstandards“ gelten. Bevor allerdings die medizinischen Leistungen taxiert werden, will Knoche eines wissen: „Was ist medizinische Qualität?“