Der Hammer

Horst Hrubeschs Karriere als Kopfball-Ungeheuer und schmuckloser Exekutor qualifiziert ihn zum neuen Assistenztrainer der Nationalelf

Kaum ist Fußball-Bundestrainer Uli Stielike gegangen worden, taucht ein Mann mit Beinamen „Kopfball-Ungeheuer“ im Bug der schwankenden Ribbeck-Galeere auf: Horst Hrubesch. Bei der WM 1982 in Spanien erlöste er Stielike schon einmal von seinen Leiden. Im Elfmeterschießen gegen Frankreich war Stielike weinend in die Knie gegangen, weil er versemmelt hatte. Torwart Schumacher hielt noch zwei Schüsse, und dann kam der „schmucklose Exekutor“ (Norbert Seitz) vom Hamburger SV. Keinem anderen Schützen sah man an diesem Tag diese Entschlossenheit an, mit der Hrubesch zum Punkt eilte, den Ball nicht einmal mehr zurechtlegte, sondern straight in die Maschen drosch.

So einfach und vorhersehbar gestrickt funktionierte der gelernte Dachdecker Hrubesch schon immer, auch in seiner Medienversiertheit. „Manni Bananenflanke, ich Kopf, Tor“, beschrieb der heute 49-Jährige gebürtige Hammer einmal einen seiner Kopfball-Hämmer. Nach diesem Muster erzielte er in den Achtzigern 96 Tore für den HSV. Keiner eröffnet wie er Gespräche heute so perfekt und oft mit der Fußballerfloskel „ja, gut . . .“.

Der große Blonde mit dem harten Kopf besticht durch kristallinkarge Satzstruktur und wird wohl nicht so schnell bei dem Gerippepfleger Ribbeck anecken. Was soll Hrubesch auch noch groß sagen, vorschlagen, anregen? Wenn er am 26. Mai zum Matthäus-Abschiedsspiel seinen Dienst als DFB-Assistenztrainer antritt, sind es nur noch 18 Tage bis zum ersten Auftritt des deutschen Nationalteams bei der EM.

Der ungelenke Hrubesch ist eine Galionsfigur der legendären deutschen Tugenden, die dem DFB-Team zuletzt so fehlten, die er, wie so viele Deutsche, von einem Österreicher, nämlich Schleifer Ernst Happel, erlernte: „Man kann von ihm lernen, wie man knallhart einen Kurs konsequent durchzieht, ohne sich von irgendetwas irritieren zu lassen.“ Der Schlüssel für EM-Erfolg?

Während Stielike mit zu viel eigenen taktischen Vorstellungen aneckte, kann Hrubesch einfach auf der Bank Platz nehmen und beobachten, was das Zeug hält. Seine Taktik ist jedem bekannt, niemand würde je widersprechen: „Wenn wir alle schlagen, können wir es schaffen.“

Der Weg ist also nun frei für Ribbecks Spielsystem, das er hoffentlich irgendwo in seinem Notizbuch noch findet. Und vielleicht ist der Weg auch frei für einen zukünftigen Bundestrainer Horst Hrubesch nach der Erich-Ära. Wie das baumlange Nordlicht mit dem Gunter-Gabriel-Antlitz reagieren würde, ist bekannt: „Ich sage nur ein Wort: Vielen Dank.“ GERD DEMBOWSKI