Der Underdog

Rick Lazio hat keine Chance, also nutzt er sie: Als Überraschungskandidat tritt er im Staat New York gegen First Lady Hillary Clinton an

Rick Lazio ist der neue republikanische Kandidat für den frei werdenden Senatsposten des Staates New York, somit der Gegenspieler von First Lady Hillary Clinton. Rick wer? „Nennt mich den Underdog“ forderte der 42-jährige jungenhafte Anwalt seine Anhänger auf, als er am Samstag seine Kandidatur bekannt gab. Lazio, seit 1993 Mitglied des Repräsentantenhauses, verdankt seine Chance dem Prostatakrebs des New Yorker Bürgermeisters Rudolph Giuliani. Der hatte am Freitag erklärt, aus gesundheitlichen Gründen auf die lang vorbereitete Kandidatur zu verzichten.

Lazio ist spät dran. Ob er von den bereits eingeworbenen Spenden der Giuliani-Kampagne profitiert, ist noch unklar – derzeit hat seine Konkurrentin dreimal so viel Geld in der Wahlkampfkasse wie er selbst. So muss er sich schnell ins Gespräch bringen, und das geht am besten, indem er Hillary Clinton als Zugereiste beschimpft, während man ihm schon an seinem Dialekt anhöre, dass er in New York geboren ist.

US-amerikanische Wahlbeobachter, deren Einschätzungen in diesen Wochen die Zeitungen füllen, sehen die New Yorker Senatswahl nach dem Rückzug des profilierten und polarisierenden Giuliani vor allem als Referendum über Hillary Clinton. So kann es nicht verwundern, dass der frisch erklärte Kandidat Lazio von Beginn an auf einen „Negativ-Wahlkampf“ setzt. Clinton, die Ortsfremde, deren Kampagne alle liberalen Geister des ganzen Landes unterstützten, wolle New York erneut mit jenem aufgeblähten Verwaltungsapparat überziehen, der die Stadt schon in den 80er-Jahren in den Ruin getrieben habe. Sie sei so wenig eine „New Demokrat“ wie eine New Yorkerin.

Wofür Lazio nun eigentlich steht, wird ebenfalls beide Wahlkampagnen beschäftigen. Er selbst wird versuchen, sich im eher liberalen New York als moderater Konservativer darzustellen, der zwar für die Todesstrafe ist und im Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton gestimmt hat, andererseits aber auch gegen seine Parteimehrheit für das Recht auf Abtreibung und für Waffenkontrollgesetze eingetreten ist. Hillary Clintons Wahlkampfmaschinerie wird ihm vorhalten, ein treuer Anhänger Newt Gingrich gewesen zu sein, der die Republikaner Mitte der 90er-Jahre auf einen strammen Rechtskurs verpflichtete.

Noch Mitte Januar meinte Lazio bei CNNs Larry King, sollte sich Giuliani später als Februar von seiner Kandidatur zurückziehen, hätte kein republikanischer Kandidat mehr eine Chance. Jetzt will er sich selbst widerlegen – das Underdog-Image gegen die First Lady gefällt ihm dabei gar nicht schlecht. BERND PICKERT