Ja, mir san mit`n Radl da

Verkehrssenator Strieder und grüne Politpromis strampelten auf der Sternfahrt vom Wannsee bis zum Großen Stern

Sein Fahrrad hatte Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) offenbar lange nicht benutzt. Bevor er zur Sternfahrt um 11.10 Uhr losfahren konnte, musste er sich erst mal eine Luftpumpe borgen. Doch dann startete er unter einem ungewissen bewölkten Himmel am Sonntagmorgen vom Bahnhof Wannsee öffentlichkeitswirksam über die Avus zum Großen Stern. Die gesperrte Autobahn freute den Senator: „Das gibt schöne Bilder von einer autofreien Stadt“, schwärmte Strieder.

Nicht allen war der Verkehrssenator willkommen, der sich zugute halten kann, als erster in der Geschichte Berlins auf der traditionellen ADFC-Sternfahrt mitgefahren zu sein. „Der will doch nur Stimmen fangen für die SPD“, ärgerte sich jemand laut. Nichtsdestotrotz setzte Strieder sich an die Spitze des Zuges – zusammen mit Michael Föge, Berlins neuem Fahrradbeauftragtem und ADFC-Vorsitzendem, der trotz des schwülen Wetters mit einer Krawatte zur Radtour angetreten war. Während der ganzen Avus-Fahrt plauderte Strieder mit dem verkehrspolitischen Sprecher seiner Fraktion Christian Gaebler, der, im Gegensatz zu Strieder, vorbildlich einen Radhelm angeschnallt hatte.

In gebührendem Abstand dahinter hielt sich ein Tross grüner Politiker mit ihren Bündnis-90-Grünen-Fahnen: Der Abgeordnete Christian Ströbele strampelte neben Gila Altmann auf einem roten taz-Rad. Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, saß zusammen mit Claudia Hämmerling auf einem Tandem, das mit Kunststoffsonnenblumen am Lenker drapiert war. Von der CDU ließ sich niemand blicken.

Und dann radelte natürlich das normalsterbliche Fahrradvolk mit: auf Tourenrädern, hochgerüsteten Mountainbikes, Liege-und Lastenrädern, und dazwischen kurvten ein paar vereinzelte Inline-Skater. Die Ordner erkannte man an ihren orange T-Shirts mit Tom-Comic bedruckt: ein Radfahrer, der die Schallmauer durchbricht.

„Ich wusste gar nicht, dass heute autofreier Sonntag ist. Ich bin einfach hier, weil es Spaß macht, mit dem Rad über die Avus zu fahren“, sagt Torsten Zander aus Friedrichshain. Doch der ersehnte Spaß auf der Avus blieb aus, die Polizeiwagen an der Spitze ließen die Radler hinter sich aufstauen. Bremsen, Anfahren, Bremsen war angesagt. Irgendwann brachten hunderte Fahrradklingeln den Unmut zum Ausdruck. Erst auf derAutobahnabfahrt kam die Fahrradkolonne richtig in Schwung. Nach ein paar Ehrenrunden um den Großen Stern erreichten die Ersten um 12.30 Uhr das Brandenburger Tor und mischten sich unter die Besucher des Öko-Marktes, dessen Stände bis zum Alexanderplatz reichten.

GRIT FRÖHLICH