Freie Hand für Strieder

Weil sich die jungen SPD-Funktionäre nicht auf einen Kandidaten für den stellvertretenden Parteivorsitz einigen können, schlagen sie zwei vor. Strieder kann sich den bequemeren aussuchen

von DOROTHEE WINDEN

Die jungen SPD-Funktionäre machen es ihrem Parteichef leicht. Peter Strieder darf sich aussuchen, welches Nachwuchstalent er beim SPD-Parteitag am 15. Juli als einen seiner vier Stellvertreter vorschlägt: den früheren Kreuzberger Kreisvorsitzenden Andreas Matthae (31) oder Sven Vollrath (30), den persönlichen Referenten von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

Beide wurden bei einem Treffen des Netzwerk 21 am Mittwochabend nominiert. Doch die Vorstellung, zwei junge Kandidaten im geschäftsführenden Landesvorstand durchsetzen zu können, ist illusorisch. Auf drei der vier Plätze erheben altgediente Genossen Anspruch, an denen kein Vorbeikommen ist: Bundesfamilienministerin Christine Bergmann, Gewerkschafter Hermann Borghorst und die frühere Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing.

Für Strieder ist Sven Vollrath die bequeme Alternative zum Parteilinken Andreas Matthae, der ein entschiedener Gegner der großen Koalition ist. Im Wahlkampf hatte er immer wieder medienwirksam die Schwächen der SPD bloßgelegt und sich damit den Unmut der Parteiführung zugezogen. Er hat jedoch signalisiert, dass er im Falle seiner Wahl konstruktiv im Landesvorstand mitarbeiten wolle.

Vollrath hingegen ist landespolitisch bisher nicht in Erscheinung getreten. Er verfügt über keine Hausmacht in der Berliner SPD, hat aber Erfahrungen auf Bundesebene. Im Bundestagswahlkampf 1998 war er der einzige Ostdeutsche im Wahlkampfstab der „Kampa“. Seine guten Kontakte zur Bundes-SPD könnten sich für Strieder als nützlich erweisen, da sein Image dort nicht das beste ist.

Als Geschichtsstudent an der Humbold-Uni betätigte sich Vollrath sechs Jahre lang als hochschulpolitischer Strippenzieher. Gestern war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach Angaben junger Genossen ist er eher im „Mainstream“ der Partei zu verorten. Er habe sich bisher bei seiner politischen Positionierung bedeckt gehalten. Als sein größter Nachteil gilt, dass er als Thierse-Referent zeitlich stark beansprucht ist.

Für den Parteichef dürfte es ein Leichtes sein, auf dem Parteitag eine Mehrheit für Vollrath zu organisieren: für die rechte Klüngelrunde Britzer Kreis ist Matthae ein rotes Tuch und Vollrath eine wählbare Alternative. Auch bei den Delegierten im Ostteil der Stadt darf Vollrath auf Unterstützung hoffen.