Asylsuchende wollen aus Dessau flüchten

Angst unter Flüchtlingen nach tödlichem Anschlag auf den schwarzen Deutschen Alberto Adriano. Erneuter Angriff auf Ausländer in Dessau. Rechtsradikale demonstrieren in mehreren Städten

DESSAU taz ■ Nach dem rassistisch motivierten Überfall auf den schwarzen Deutschen Alberto Adriano (39) wollen Asylsuchende die sachsen-anhaltinische Stadt Dessau möglichst schnell verlassen. Ein Dessauer Flüchtlingssprecher rief am Freitagabend Vertreter von Bund und Land auf: „Bringen Sie uns innerhalb einer Woche hier weg. Das Leben ist für Afrikaner im Osten nicht gut.“ Dessaus zweiter Bürgermeister Platz lehnte die Forderung mit der Begründung ab, dies wäre ein „völlig falsches Signal“. „Damit würden wir die Unfähigkeit der Gesellschaft eingestehen, mit ausländischen Bürgern zu leben.“ Platz kündigte Gespräche an, „damit sich jeder in unser Stadt wohl fühlt“.

Rund 3.000 Menschen, darunter Bundes- und Landespolitiker, hatten sich in Dessau zu einem Trauermarsch eingefunden. Anlass war der Tod des gebürtigen Mosambikaners Adriano, der am vergangenen Mittwoch an den Folgen eines rechtsradikalen Überfalls gestorben war.

Unterdessen ist ein weiterer Übergriff auf einen Schwarzafrikaner in der Stadt bekannt geworden. Veloso Augustinho (37), ein Freund des getöteten Albertino, wurde Ende der Woche nahe einem Kaufhaus Opfer einer Attacke. Er zog sich eine Verletzung am Auge zu.

Eine schwarze Woche liegt hinter Sachsen-Anhalt. Die Website eines Hallensers wurde entdeckt, auf der zum Mord an Andersdenkenden aufgerufen wird. Am Samstag marschierten 200 Fans der rechtsextremen NPD durch Magdeburg. Ihr Motto: „Wir sind der nationale Widerstand.“

Auch in anderen Städten der Republik, wie in Berlin, im sächsischen Görlitz und im brandenburgischen Königs Wusterhausen, marschierten Neonazis anlässlich des DDR-Arbeiteraufstands vom 17. Juni 1953 auf.

JENS RÜBSAM

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