ÖTV gegen Öffnungsklausel

Nach Informationen der ÖTV ist in einer Senatsvorlage die Teilprivatisierung der kommunalen Kliniken vorgesehen. Die ÖTV droht nun von Kooperation auf Konfrontation umzuschwenken

von DOROTHEE WINDEN

Der Senat strebt offenbar eine teilweise Privatisierung der neun städtischen Kliniken an. Das Land Berlin soll nicht mehr alleiniger Gesellschafter der geplanten Krankenhaus-GmbH bleiben. Dies geht aus einem Entwurf für die Senatssitzung in der nächsten Woche hervor, der der ÖTV vorliegt. Darin heißt es, die Gesellschafterversammlung könnte über die Aufnahme weiterer Gesellschafter entscheiden. Dies ist eine Öffnungsklausel für eine tatsächliche Privatisierung der kommunalen Kliniken. Bislang hatte Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) stets erklärt, dass das Land Berlin zu hundert Prozent Eigentümer der Kliniken bleiben werde. Auf den überraschenden Kurswechsel reagierte die ÖTV, die die Zusammenfassung der städtischen Kliniken in einem Einheitsbetrieb bislang mitgetragen hatte, gestern mit einer Kampfansage. „Wenn es dabei bleiben sollte, droht statt der bisherigen Kooperation die Konfrontation“, sagte ÖTV-Vize Ernst-Otto Kock. Die Gewerkschaft, die bislang den Wechsel der Beschäftigten vom Land zur GmbH konstruktiv begleitet hat, werde sich dann darauf konzentrieren, die Schutzrechte der Beschäftigten zu wahren. Von der Gesundheitsverwaltung war gestern keine Stellungnahme mehr zu erhalten.

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Ullrich Meier, hatte noch vor Bekanntwerden des neuen Entwurfs erklärt, seine Partei könne sich mittelfristig eine Teilprivatisierung der Krankenhausbetriebe vorstellen. In drei Jahren müsse man sehen, ob die Kliniken saniert seien. Wenn dies nicht der Fall sei, könne man darüber nachdenken, ob man privates Kapital an der GmbH beteiligen wolle. „Wir wollen die Kliniken aber nicht in Gänze verkaufen“, erklärte er.

Die städtischen Kliniken, die 1995 noch schwarze Zahlen schrieben, haben seit 1997 einen Schuldenberg von 227 Millionen Mark angehäuft. Mit der Gründung einer GmbH zum 1. Januar 2001 sollen sie wieder wettbewerbsfähig werden. Sie sollen medizinische Schwerpunkte abstimmen, Parallelangebote abbauen und durch gemeinsamen Einkauf und gemeinsame Labornutzung Kosten sparen.

Vor einer Woche hatte der Senat einen Beschluss wegen zahlreicher offener Fragen vertragt. In den nächsten Tagen sollen weitere Abstimmungsgespräche zwischen der federführenden Gesundheitsverwaltung und der Finanzverwaltung stattfinden.

Die Rechtsformänderung wirft knifflige steuerrechtliche Fragen auf: Wenn den Kliniken, wie von der Gesundheitssenatorin geplant, die dazugehörigen landeseigenen Grundstücke übertragen werden, würde eine Grundsteuer von rund 100 Millionen Mark fällig. Dies könnte die neu zu gründende GmbH gleich zu Beginn vor Liquiditätsprobleme stellen.

Schon vor einer Woche musste der Senat das Vorhaben vertagen. Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen drängte daher gestern in einem Schreiben an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen darauf, für einen zügigen Beschluss zu sorgen.