Weizen für Kuba

US-Repräsentantenhaus beschließt eine Aufhebung des Embargos für Nahrungsmittel und Medikamente. Agrarlobby freut sich über ihren Sieg

BERLIN taz ■ Das US-Repräsentantenhaus hat einer Lockerung der Sanktionen gegen Kuba zugestimmt. Eine klare Mehrheit von 301 gegen 116 Stimmen votierte für einen Gesetzentwurf, der für Lebensmittel und Medikamente das Embargo gegen Kuba de facto aufheben soll. Dies bedeutet einen großen Sieg für die Agrarlobby und die US-Exportwirtschaft. Vor allem aber setzt das ein politisches Zeichen von enormer Bedeutung: Das parteiübergreifende Abrücken Washingtons von der seit vier Jahrzehnten betriebenen Embargopolitik gegen die sozialistische Insel. „Das ist der Anfang vom Ende einer überholten Politik gegenüber Kuba“, erklärte der Abgeordnete Mark Sanford, einer von 60 Republikanern, der anders als die Parteiführung für die Lockerung des Embargos gestimmt hatte.

Die vom Repräsentantenhaus beschlossene Vorlage hebt die bestehenden Gesetze noch nicht auf, sondern verbietet nur ihre Durchsetzung. Auch ist noch unklar, wann die Vorlage Gesetzeskraft erlangt, denn sie muss noch die Zustimmung von Präsident Clinton sowie des Senats finden. Auch wenn die Aussichten dafür gut sind, werden die exilkubanischen Hardliner alle Tricks des Gesetzgebungsverfahrens nutzen, um diesen Prozess zu verschleppen oder zu verhindern.

Der Senat hatte bereits zuvor eine ähnliche Vorlage mit 79 gegen 13 Stimmen befürwortet, doch muss deren Text nun im Vermittlungsausschuss dem Beschluss des Repräsentantenhauses angepasst werden. Auch Clinton hat sich für die Aufhebung des Embargos für Nahrungsmittel und Medizin ausgesprochen. Dennoch könnte er sich zu einem Veto veranlasst sehen, wenn die Gesetzesvorlage des Kongresses eine unzulässige Beschneidung der außenpolitischen Kompetenzen der Exekutive bedeutet, die als Präzedenzfall nicht hinnehmbar wäre.

Trotzdem feiern die Embargo-Gegner das Votum als Durchbruch. Möglich wurde er durch den Druck der agrarisch geprägten Bundesstaaten. Wo die Insel 90 Meilen südlich der USA jährlich Lebensmittel im Wert von 700 Millionen Dollar importiert, sind Vertreter der Farmer-States für eine Öffnung dieses „natürlichen Markts“ für US-Exporte.

Mit 232 gegen 186 Stimmen beschloss das Repräsentantenhaus am Donnerstag zudem die Aufhebung des Reiseverbots für US-Bürger nach Kuba. Ein weitergehender Vorstoß eines Abgeordneten, der praktisch das gesamte Handelsembargo aufgehoben hätte, wurde aber mit 241 gegen 174 Stimmen abgelehnt.BERT HOFFMANN