Trainieren für die Boris-Becker-Liga

LTTC Rot-Weiß Berlin spielt wieder in der 1. Tennis-Bundesliga. Zum Auftakt gab es zwar Niederlagen gegen Dinslaken. Aber der Club hofft auf eine spannende Saison mit motivierten Jungstars und erfahrenen Turnier-Cracks

Irgendwo im Schatten der übermächtigen ATP-Tour startete gestern die Tennis-Bundesliga in ihre neue Saison. Einfach so – ohne einstimmende Berichte aus Trainingslagern, ohne Spekulationen, ohne hochkarätige Neuzugänge und ohne viele Fans, die dem ersten Aufschlag entgegenfiebern. Auch als der Weißrusse Vitali Shvets zum ersten Match auf einem Nebenplatz des LTTC Rot-Weiß-Berlin an der Hundekehle gegen den Finnen Tapio Nurminen (Ergebnis: 6:2, 6:3) vom TC Dinslaken auflief, wurde schnell klar, hier ist Bundesliga und nicht die große, weite Welt des Tennis, weil die Veranstaltung wenig professionell vorbereitet war.

Dabei sind die Begegnungen „vom sportlichen Niveau her mit zahlreichen ATP-Tour-Events vergleichbar, wenn nicht gar besser“, sagt der Sprecher der Bundesligavereine, Stephan Holthoff-Pförtner. Aber dem Ligabetrieb fehle das medienwirksame Format, um große Sponsoren zu gewinnnen. Dennoch ist Holthoff-Pförtner mit der Konstellation dieser 29. Saison zufrieden: „Die Tennis-Bundesliga ist aufgrund des Bosman-Urteils auch international interessanter geworden. Sie ist gefragter denn je.“

So können die zehn Vereine mit 60 Tennisprofis von den ersten 150 Positionen der ATP-Tour-Weltrangliste aufwarten, nur elf davon haben einen deutschen Pass. Darin sieht Holthoff-Pförtner allerdings keinen Nachteil für den Nachwuchs im Deutschen-Tennisbund (DTB): „Die deutschen Tennisprofis müssen sich europa- und weltweit behaupten, warum dann nicht schon in der Tennis-Bundesliga damit beginnen“.

LTTC Rot-Weiß Berlin, elffacher Tennis- und damit Rekordmeister bei den Herren, bietet den Briten Jaime Delgado (ATP-Rang 142), den Franzosen Guillaume Raoux (ATP-Rang 273) und den Belgier Kris Goosens (ATP-Rang 365) auf, um sich nach zwei Jahren in der Zweitklassigkeit wieder im Tennis-Oberhaus zu etablieren. Neben dem Berliner Eigengewächsen, dem 21-jährigen Florian Jeschonek (ATP-Rang 424) und dem 19-jährigen Lars Uebel (ATP-Rang 815) hat auch das spanische Talent Javier Garcia Sintes aus der Tennisschule des ehemaligen Weltklassespielers Emilo Sanchez in der Grunewalder Hundekehle angeheuert.

Die Berliner stellen mit Abstand das jüngste Team der Liga und LTTC-Teamchef Eberhard Wensky weiß: „Gerade deshalb gibt es eine sehr große Motivation.“ Mit Beginn der 1990er Jahre begann das Fahrstuhldasein des 1897 gegründeten Traditionsvereins. Als jährliches Highlight blieb dem Verein seit 1979 die Austragung der German Open der Damen. Auch Steffi Graf spielte für den Klub und ist seit 1984 immer noch das Aushängeschild. Bei den Herren werden jedoch kleine Brötchen gebacken: „Mit rund 500.000 Mark entspricht der Etat in etwa dem der beiden Vorjahre und ist verglichen mit der Konkurrenz eher bescheiden“, sagt Eberhard Wensky.

Am ersten Spieltag trafen die Rot-Weißen ausgerechnet auf den Titelfavoriten Blau-Weiß Dinslaken, der den Australier Richard Fromberg und Top-Spieler Younes El-Aynaoui unter Vertrag hat. Beide spielten in Berlin jedoch nicht. Ebenso wie der argentinische Spitzenspieler Gaston Gaudio. Er schaffte unverhofft den Einzug ins parallel terminierte ATP-Finale von Stuttgart. Dennoch gewannen die Dinslakener nach dem verloren gegangenen Auftaktspiell Match um Match. Auf dem Centercourt gewann Stephane Huet aus Frankreich gegen Chris Goossens aus Belgien 2:6, 6:2, 6:3. Christophe van Gorsse (Holland) besiegte Florian Geschonek mit 6:4, 2:6 und 7:5. Die weitere Begenung war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. GERD DEMBOWSKI