Wende bei der PSOE

Die spanischen Sozialisten wählen einen Erneuerer zu ihrem Generalsekretär

MADRID taz ■ „Endlich, endlich“, bricht es aus einer der Delegierten heraus. Unter Freudentränen fällt sie einer Genossin in die Armen. Klatschen, „Presidente, Presidente“-Rufe, ein wildes Durcheinander. Viele greifen zum Handy, um den Mitstreitern zu Hause mitzuteilen, was soeben bekannt wurde: José Luis Zapatero, der junge, unabhängige Kandidat für den Posten des Generalsekretärs der spanischen Sozialisten (PSOE) , hat gewonnen. Wenig später verkündete der Vorsitzende des Parteitages, Marcelino Iglesias, das Ergebnis der Auszählung: 414 Stimmen für Zapatero, 409 für José Bono, den Vertreter des Apparats. Die beiden anderen Mitbewerberinnen, die Vertreterin des orthodoxsozialistischen Flügels, Matilde Fernández und die Europaabgeordnete Rosa Díez erhielten an den Urnen nur 109 bzw. 65 Stimmen.

„Ich bitte meine Anhänger, dass sie den neuen Generalsekretär aufrichtig unterstützen“, erklärte José Bono nach der Bekanntgabe seiner Niederlage. „Einen ruhigen Wechsel“ möchte der 39-jährige Zapatero, Abgeordneter aus dem nordspanischen León, jetzt herbeiführen. Um dies zu erreichen, stellte er einen „Parteivorstand der Integration“ zusammen. „Ich beurteile die Genossen nicht nach der politischen Familie, der sie angehören, sondern nach ihrer eigenen Persönlichkeit“, hatte Zapatero immer wieder betont. Bis auf die orthodoxen Sozialisten, die nach ihrem geistigen Vater Alfonso Guerra benannten Guerristen, sind alle Strömungen in der neuen Führung vertreten, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag zusammengestellt wurde. Die Orthodoxen hatte zu hoch gepokert. Sie wollten trotz des schlechten Abschneidens ihrer Kandidatin Fernández vier der 25 Vorstandssitze. Zapatero bot zwei an. Zum Schluss blieben die Guerristen ganz aussen vor.

In einem zweiten Wahlgang, in dem die Delegierten über die neue Parteispitze en bloque abstimmten, erhielt diese dennoch den Vertrauensvorschuss aller Strömungen. Der Vorstand wurde mit 90,2 Prozent gewählt. Zum Parteipräsidenten, ein Ehrenamt, wurde Manuel Chaves gekürt. Der andalusische Regierungschef hatte nach den verlorenen Wahlen vom März den Krisenvorstand der PSOE geleitet. Er soll Zapatero als Brücke zu den Landesvorsitzenden und dem Apparat dienen.

Zapatero möchte der PSOE ein „Bad der Modernisierung“ verpassen und die Partei aus der tiefen Krise führen, in der sie seit der Wahlniederlage von Felipe González 1996 steckt. Seither wechselte die PSOE viermal den Vorstand und steckte im März das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten ein. Spitzenkandidat Joaquín Almunia trat noch in der Wahlnacht vom Parteivorsitz zurück. In den Monaten vor dem Parteitag sanken die Sozialisten bei Umfragen auf 26 Prozent Wähler ab. Vor Zapatero liegt ein harter Weg. REINER WANDLER