Bilder einer Ausstellung

■ Charles Curtis inszeniert frühe Stücke des New Yorker Minimalisten La Monte Young und seiner Verbündeten

Als kleiner Junge soll La Monte Young Stunden damit zugebracht haben, dem Surren von Telegrafen-Masten nachzulauschen. Noch heute erzählt man sich, er praktiziere den 26-Stunden-Tag, weil er mit zwei Stunden weniger einfach nicht hinkomme.

Youngs Musik ist bestimmt von gedehnter Zeit-Wahrnehmung. Jedem Ton, jeder Idee, und nicht zuletzt der Stille räumt er fast grenzenlosen Platz ein. Er gilt als einer der vier Gründungsväter des amerikanischen Minimalismus, zu Beginn der 60er Jahre fand über den Einfluss indischer Musik das Konzept der „reinen Stimmung“ Einzug in seine Musik. Im Mittelpunkt steht seither das Ringen um den Verbleib im schwebungsfreien Zustand.

Ein harter und agiler Kern von Verehrern schart sich um den in weiten Teilen der Szene als Esoteriker verschrienen Young. „Meiner Meinung nach ist La Monte der wichtigste lebende Komponist. Er hat den größten Einfluss auf sehr unterschiedliche Bereiche der Kunst- und der Musik-Welt gehabt.“ So Charles Curtis, legitimer Vertreter der Musik Youngs in Europa, Cellist des NDR-Orchesters und avantgardistischer Global Player.

Im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals inszeniert Curtis jetzt zu Ehren Youngs den Abend „Underground New York“. Neben zwei langen Werken Youngs werden Stücke seiner Zeitgenossen und Mitglieder der „New York-School“ um John Cage, Morton Feldman und Christian Wolff, sowie der unbekannteren Terry Jennings und Richard Maxfield aufgeführt.

Alle Stücke sind um 1960 entstanden und der frühen Phase des Minimalismus zuzurechnen, als die musikalische Reduktion noch einer interdisziplinären Kunst-Szene entsprang. Für Curtis könnte auch die jetzige Veranstaltung eher als Ausstellung funktionieren: „La Montes Musik ist unaufdringlich. Sie ist einfach da, man verbringt eine gewisse Zeit mit ihr und geht dann in den nächsten Raum weiter.“ Da das Studio 10 des NDR nicht auf lebendige Publikumsbewegung ausgerichtet ist, wurde das vierstündige Programm so „gehängt“, dass man in Ruhe sitzen bleiben kann. „Die Stücke selbst gehen und andere kommen. Es sind Time Sculptures.“ Andi Schoon

Underground New York: La Monte Young und die Avantgarde um 1960 Heute, 19 Uhr, NDR Studio 10