Grüne gegen befriedetes Tor

Der grüne Landesvorstand lehnt demonstrationsfreie, befriedete Zonen ab. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus müsse alle Politikfelder durchziehen. Sternmarsch am Holocaust-Gedenktag findet auch ohne NPD-Demo statt. DGB plant Konzert

von DOROTHEE WINDEN

Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen lehnt „jedwede Einschränkung des Demonstrationsrechts ab – auch am Brandenburger Tor“. In einem am Montagabend gefassten Vorstandsbeschluss zu Massnahmen gegen Rechtsextremismus heißt es: „Alle Versuche, durch Bannkreise, befriedete Bereiche etc. Rechtsradikale an der öffentlichen Zurschaustellung zu hindern, sind hilflose Versuche mit langfristig fatalen Folgen. Sie lösen nicht das Problem, sondern verlagern es an andere – nicht weniger symbolische – Orte.“ Gerade in Berlin gebe es unzählige Orte, die sich für symbolträchtige Inszenierungen eigneten.

Die Grünen werden sich auch nach der Absage des NPD-Aufzuges am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2001 an dem geplanten Sternmarsch beteiligen. Mit dem vom DGB angemeldeten Marsch will ein breites gesellschaftliches Bündnis ein Zeichen setzen. Außerdem soll nun am Vorabend des Gedenktages am Brandenburger Tor ein Konzert gegen rechts stattfinden, wie DGB-Vize Bernd Rissmann gestern mitteilte. Er rechnet damit, dass sich die im „Bündnis gegen Ausländerfeindlichkeit“ engagierten Wohlfahrtsverbände, die Kirchen und die Jüdische Gemeinde an dem Sternmarsch beteiligen werden, des weiteren Studenten- und Schülervertretungen sowie das Bündnis „Europa ohne Rassismus“, dem auch SPD, Grüne und PDS angehören.

SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller wertete es gestern als „Erfolg des Zusammenstehens der Demokraten“, dass die NPD ihre Kundgebung abgesagt habe. Dennoch sei die Einführung befriedeter Zonen, in denen Demos leichter verboten werden könnten, „an zwei, drei Orten in der Stadt sinnvoll“. Dies sei keine generelle Einschränkung des Demonstrationsrechtes. Es sei fraglich, ob es immer gelinge, genügend Gegendemonstranten zu mobilisieren.

Die grüne Landesvorstandssprecherin Regina Michalik gab zu bedenken, dass nicht jede kleine rechte Demo durch Gegenaktionen aufgewertet werden müsse. Es sei im Einzelfall abzuwägen, ob wegen der Wahl von Ort und Zeitpunkt eine Gegendemonstration die richtige Antwort sei. Der grüne Landesvorstand fordert in seinem Beschluss eine „kontinuierliche, eindeutige Politik gegen Rechtsextremismus, die sich durch alle politischen Bereiche zieht, von der Kultur, über die Jugend,- und Bildungspolitik, Finanz-, Sozial und Einwanderungspolitik“. Eine Politik, die hauptsächlich auf Verbote, Beschränkungen und Polizegewalt setze, könne nur aktionistisch gegen einzelne Vorfälle vorgehen. Mittelfristig sei dies nicht erfolgversprechend. Die Grünen fordern, gefährdete Orte wie Asylbewerberheime und die jüdischen Friedhöfe stärker zu schützen. Die Grünen riefen zu Zivilcourage auf. Nicht wegsehen, ansprechen und Gewalt öffentlich machen müsse zur Selbstverständlichkeit werden.