USA skeptisch gegenüber offener Grenze zu Mexiko

Der designierte mexikanische Präsident Vicente Fox findet mit seiner Vision der gemeinsamen Zukunft keine Zustimmung in Washington

BERLIN taz ■ Mit Skepsis hat Washington auf die Vision des designierten mexikanischen Präsidenten Vicente Fox reagiert, eine offene Grenze zwischen Mexiko und den USA zu schaffen. Noch vor seinem Amtsantritt, der für den 1. Dezember geplant ist, sprach Fox gestern und vorgestern in Washington mit führenden US-Politikern über die Zukunft der Beziehungen zwischen beiden Staaten.

Am höflichsten verpackte der US-Präsident seine Zurückhaltung gegenüber den Vorstellungen des Mexikaners: Beide Länder, so Clinton, hätten Grenzen und müssten die diesbezüglichen Gesetze anwenden. „Aber langfristig werden unsere Länder wohl stärker voneinander abhängig werden.“ Diese Reaktion bedeutet eine Abfuhr für Fox’ Vorschlag, die Grenze zwischen Mexiko und den USA weitgehend zu öffnen und damit der illegalen Migration von Mexikanern in die USA den Boden zu entziehen. In einem ersten Schritt könnte nach seinen Vorstellungen die Zahl der US-Einreisegenehmigungen für Mexikaner von derzeit 75.000 auf 350.000 pro Jahr erhöht werden.

Fox’ Vorschläge zielen darauf ab, längerfristig die Einkommensunterschiede innerhalb der Nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) zu verringern und Waren statt Menschen in die USA zu exportieren. Dazu strebt er ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent an und will 1,35 Millionen Arbeitsplätze pro Jahr schaffen. Für die Zwischenzeit setzt er darauf, die Arbeitskraft der mexikanischen Bevölkerung zu entwickeln und den Personenverkehr mit den USA zu erleichtern. „Wenn wir begabte Menschen haben“, so Fox in einem Interview, „wird nicht nur Mexiko Fortschritte machen, auch die USA werden davon profitieren.“

Während einige politische Beobachter in den USA bereits vorsichtiges Interesse für diese Pläne signalisiert haben, zeigten sich die Präsidentschaftskandidaten der beiden großen Parteien nach Gesprächen mit Fox unbeeindruckt. Der republikanische Kandidat George W. Bush gab zu Protokoll, dass die Grenzkontrollen noch verstärkt werden sollten, und auch der Demokrat Al Gore bezeichnete die Vorstellung von offenen Grenzen als „eindeutig problematisch“.

Unterdessen entschied ein Berufungsgericht in San Francisco am Donnerstag, dass ein mexikanischer Transvestit, der in seinem Heimatland wegen seiner sexuellen Orientierung verfolgt worden war, in den USA einen Anspruch auf Asyl hat.

CHRISTOPH DREYER