Baumann als V-Mann

CDU und SPD schlagen den früheren nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzchef Fritz-Achim Baumann als Vertrauensperson des Verfassungsschutzausschusses vor

Nachdem sich CDU und SPD in der vergangenen Woche auf verstärkte Kontrollmöglichkeiten für den reformierten Verfassungsschutz verständigt haben, liegt nun ein Personalvorschlag auf dem Tisch. Die Koalitionäre schlagen den früheren nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzchef Fritz-Achim Baumann als Vertrauensperson des parlamentarischen Kontrollausschusses vor. In dieser Funktion kann Baumann im Auftrag des Ausschusses überprüfen, ob der Geheimdienst rechtmäßig gearbeitet hat. Er soll nur im Falle eines Skandals zum Einsatz kommen, bei dessen Aufklärung der Ausschuss an seine Grenzen stößt. Baumann soll die Position bis zum Ende der Legislaturperiode übernehmen.

Die Vertrauensperson kann alle Akten des Verfassungsschutzes einsehen und darf auch Mitarbeiter befragen. Er soll dem Parlamentsausschuss Bericht erstatten, ohne dabei jedoch geheimhaltungsbedürftige Details preiszugeben. Weil hierfür eine breite Vertrauensbasis notwendig ist, soll der Ausschuss ihn mit Zweidrittelmehrheit wählen.

Der 65-jährige Baumann, der vor einem dreiviertel Jahr in Pension ging, war langjähriger Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Bereits Ende der 80er-Jahre verlagerte das Amt seinen Schwerpunkt auf die Beobachtung rechtsextremistischer Organisationen. Nordrhein-Westfalen war das erste Bundesland, das die rechtsextremen „Republikaner“ mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtete. Auch die rechte Postille Junge Freiheit geriet Mitte der 90er-Jahre ins Fadenkreuz der Verfassungsschützer. Baumann war auch Vorreiter bei der Beobachtung der Scientologen, denen er totalitäre Züge bescheinigte.

Die Erfahrung, dass der Einsatz von V-Männern eine Gratwanderung ist, machte Baumann im Zusammenhang mit dem Brandanschlag von Solingen 1993. Bei den Ermittlungen flog ein V-Mann auf, der als Kampfsportlehrer rechte Jugendliche trainiert und „abgeschöpft“ hatte, darunter auch drei der vier später als Täter Verurteilten.

Der Vorschlag, Baumann mit der Aufgabe zu betrauen, geht auf den CDU-Abgeordneten Andreas Gram zurück. Er hat Baumann bei den Beratungen der Verfassungsschutzreform als „exzellenten Kenner“ schätzen gelernt. Hans-Georg Lorenz (SPD) lobte Baumann gestern als „ruhigen, sachlichen und objektiven Fachmann“. Steffen Zillich (PDS) will seine Zustimmung davon abhängig machen, ob Baumann bereit sei, eher die Interessen des Parlaments zu vertreten als „die Logik des Geheimdienstes“. DOROTHEE WINDEN