Freitag kein autofrei – und Spaß dabei

■ In der Öko-Vorzeigestadt Bremen wird es morgen keinen autofreien Tag geben / 800 Kommunen europaweit machen mit / SPD und CDU hatten die Aktion schon im Frühjahr gekippt – jetzt will die SPD es nicht gewesen sein

Emden, Erfurt, Erkrath, Wiesloch oder Sulzbach-Rosenberg: alles Städte in Deutschland, an denen sich Bremen künftig ein Beispiel nehmen kann. Denn sie stehen auf der Liste der mehr als 800 Kommunen, die sich am „Europaweiten Autofreien Tag“ beteiligen, der morgen erstmals stattfindet. Im Gegensatz zu Bremen, wo CDU und SPD im Frühjahr die symbolträchtige Aktion verhindert hatten.

Das Hauptargument der Christdemokraten: Die zahlreichen automobilen EXPO-Besucher in Bremen würden unter etwaigen Verkehrssperrungen leiden. Die SPD gehorchte der Koalitionsräson und stimmte mit gegen einen Antrag der Grünen, auch in Bremen einen Tag „autofrei“ zu geben. Dabei sei man doch eigentlich dafür gewesen, sagt Fraktionssprecher Werner Alfke heute. Die Folge: kein offizieller Car-free-day in Bremen.

Eine peinliche Angelegenheit, nicht nur, weil die Weltausstellung keineswegs die erhofften Menschenmassen nach Bremen gelenkt hat. Bremen ist Mitglied im Klima-Bündnis der europäischen Städte, das den Aktionstag vor einem Jahr beschlossen hatte. Im Internet trommelt die Hansestadt für ein Modellprojekt zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität („ZEUS“). Über die Agenda 21 wird gerne geredet, und auch sonst gibt man sich gern nachhaltig: Ende Juni fand in Bremen beispielsweise eine internationale Mobilitäts-Konferenz statt, die von der Stadt mitveranstaltet wurde. Auch beim car-sharing sieht man sich an der Spitze der Bewegung.

Damit die Veranstaltung nicht ganz ausfällt, haben Umwelt- und Verkehrsverbände eine „move parade“ für alle in irgendeiner Form mit Rollen und Rädern ausgerüsteten BremerInnen organisiert. Beginn ist am Freitag um 16 Uhr auf dem Domshof. Motto: Rollen, Radeln, Skaten für's Klima. „Ziemlich bescheiden“ sei das alles, heißt es dazu vom ADFC, „aber wir haben trotzdem unseren Spaß“. Auch beim BUND gibt man sich tapfer, wenn das auch alles „ziemlich klein gebacken sei“.

Zum Vergleich: In Hamburg hat der Senat die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihre Autos stehen zu lassen und sich auf stadtverträgliche Art und Weise auf die Socken zu machen. Über 30 kleine und große Straßen sollen gesperrt werden, darunter – teilweise – der zentrale Jungfernstieg. 54 Veranstaltungen sind geplant. Im italienischen Palermo werden am Freitag 300 Hektar Stadt autofrei sein. In Deutschland sind 68 Städte mit dabei.

„Wenn es darum geht, solche symbolischen Geschichten zu machen, dann versteckt sich Bremen“, klagt der Sprecher von Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD), Holger Bruns. Seine Chefin finde den autofreien Tag nämlich gut und habe den Beschluss der großen Koalition bedauert. Immerhin: Die Senatorin hat 16.000 Mark locker gemacht, um das Spaß-Programm der Umweltverbände finanziell zu unterstützen. Und sie gibt den Startschuss zur „move parade“.

„Das finde ich ja toll, dass die Sozialdemokraten jetzt solche Aktionen machen“, nörgelt dagegen der verkehrspolitische Sprecher der Christdemokraten, Helmut Pflugradt. Dass die SPD doch in Form von „Frau Wischer“ präsent sein wird, passt ihm nicht. Schließlich habe die SPD zwischen 1974 und 1995 das Straßenbahnnetz um keinen Milimeter verlängert. Jetzt komme es auf Taten an, nicht auf symbolische Tage. Über die Sache mit den ausgebliebenen EXPO-Besuchern will Pflugradt nicht viele Worte verlieren: Das habe man damals nicht ahnen können. Die move-parade am Freitag wird er links liegen lassen, „dafür verschwende ich nicht meine Zeit“. Sein Tipp: Den ÖPNV ausbauen.

Das Land Niedersachsen beteiligt sich übrigens auch nicht am autofreien Tag. SPD und CDU waren dagegen: Berufstätige seien am Freitag auf ihr Auto angewiesen. EXPO-Besucher spielten in der Argumentation keine Rolle.

hase