Was in Prag geschah

PRAG taz ■ Die Veranstalter der Proteste gegen IWF und Weltbank in Prag haben sich gestern von der Gewalt des Vortags distanziert. „Wir sind sehr, sehr enttäuscht, dass Menschen verletzt wurden“, sagte Chelsea Mozen, die Sprecherin der Initiative gegen ökonomische Globalisierung (Inpeg), in der Globalisierungsgegner aus dem In- und Ausland lose zusammengeschlossen sind. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen rund um das Prager Kongresszentrum, wo heute die Jahrestagung der internationalen Finanzelite endet, lenke ab von der Gewalt der wirtschaftlichen Globalisierung, die Inpeg zu stoppen versuche, so Mozen.

Bereits am Dienstagabend hatte Inpeg-Sprecher Viktor Piorecky der Polizei vorgeworfen, grundlos auf Demonstranten eingeschlagen zu haben. Nur ein Prozent der Protestierer sei gewalttätig gewesen. Inpeg wertet die Proteste insgesamt als großen Erfolg. Nach Polizeiangaben hatten 11.000 Menschen demonstriert, Inpeg schätzte deren Zahl auf bis zu 15.000. „Wir haben das Kongresszentrum etwa zwei Stunden lang blockiert“, sagte Mozen. Am Dienstagabend konnte die Polizei viele Delegierte nur noch mit Sonderzügen der U-Bahn aus dem Kongresszentrum herausbekommen. Sie wurden zu einem Galaempfang des tschechischen Ministerpräsidenten Miloš Zeman beim Prager Ausstellungsgelände gebracht. Dort demonstrierten etwa 2.000 Leute.

Auf dem Wenzelsplatz in der Innenstadt kam es am Dienstagabend zu Straßenschlachten mit der Polizei. Vermummte warfen die Scheiben US-amerikanischer Fast-Food-Restaurants, einer Bank und bei C&A ein. Die Polizei antwortete mit Trängengas und Schlagstöcken. Gegen 21 Uhr wurde ein Bus mit Delegierten der IWF-Tagung vor dem Hotel Jalta von Demonstranten eingeschlossen. Nach zehn Minuten befreiten Polizisten die Insassen.

Nach offiziellen Angaben wurden am Dienstag 420 Personen verhaftet, darunter 130 Ausländer, 18 davon Deutsche. Die Behörden machen vor allem ausländische Demonstranten für die Gewalt verantwortlich. Über hundert Personen wurden verletzt. Gestern sollten die bereits 11.000 im Einsatz befindlichen Polizisten Verstärkung bekommen.

Gestern Morgen blockierten wenige Dutzend Demonstranten das Hilton-Hotel. Gegen 13 Uhr sperrte die Polizei den Friedensplatz, wo zuvor hundert Globalisierungsgegner zu Demonstrationen vor Gefängnissen aufgerufen hatten. Inpeg wollte gestern aus Protest gegen die Gewalt vom Vortag nicht demonstrieren, ruft aber für heute zu „gewaltfreien Aktionen“ auf. SVEN HANSEN