Die Homo-Szene streitet über Nazi-Outfit

Diskussion im SO 36: Schwule und Lesben wollen bei der Demo gegen die NPD die Regenbogenflagge zeigen

Skinhead-Klamotten sind in der Schwulenszene kein Tabu. „Für die Fetischszene ist das eine sexuelle Spielart, bei der es in hohem Maße um Hierarchie und Dominanz geht“, sagt Detlef Goldbuch vom Berliner Leder- und Fetischverein. Er betonte aber, dass die „97 bis 99 Prozent“ derer, die Skinklamotten tragen, überhaupt nichts mit rechter Politik zu tun hätten. Goldbuch saß am Mittwochabend gemeinsam mit dem freien Journalist Burkhardt Schröder, Jörg Fischer, einem schwulen Aussteiger aus der Neonazi-Szene, und der PDS-Bundestagsabgeordneten Christina Schenk auf dem Podium im gut gefüllten Kreuzberger Veranstaltungssaal SO 36. Dort wurde bei der Diskussion „Schwule und Lesben gegen Rechts“ über einen möglichen Umgang mit rechter Gewalt debattiert. Ein Ergebnis: Bereits am 4. November will die Berliner schwul-lesbische Szene auf der Demo gegen die NPD die Regenbogenflagge zeigen.

Umstritten war jedoch der Umgang mit dem Problem in den eigenen Reihen. So sind die schwulen Skinheads im Publikum oft auf Ablehnung gestoßen. Als Außenstehender könne man Form und Inhalt nicht immer unterscheiden, wurde argumentiert: „Die erste Assoziation für viele Menschen ist Gefahr.“ Eine hitzige Debatte folgte: Einige meinten, das Recht zu haben, anzuziehen, was sie wollten. Andere betonten immer wieder die Opferperspektive und forderten die Skinschwulen auf, sich deutlich als nichtfaschistisch erkennen zu geben. Schließlich sei man selber häufig genug Opfer faschistischer Gewalt.

Die Positionen näherten sich im Laufe der Veranstaltung jedoch kaum an. Moderator Dieter Telge: „Aspekte von Angst und Unsicherheit bleiben; man muss lernen, damit umzugehen.“

Um eine notwendige Hilfe von schwul-lesbischer Seite für Opfer rechter Gewalt sollte es im zweiten Teil der Diskussion gehen. Die Szene diskutierte eine Politisierung des Christopher Street Days und die Einrichtung von Notfall-Mails. Darüber hinaus wurden regelmäßige Info- und Antifa-Seiten in Szene-Zeitschriften vorgeschlagen. „Es liegt an uns, ob wir jetzt etwas tun wollen“, sagte einer aus dem Publikum.

Umstritten war der Umgang mit (schwulenfeindlichen) Migranten. Während die einen Migranten stärker in die Szenestrukturen einbinden wollten, zeigten sich andere verunsichert. „Warum soll ich mich für jemanden einzusetzen, der mich wie den letzten Dreck behandelt?“, fragte eine. Bei einigen Ausländern seien schwulen- und lesbenfeindlichen Tendenzen deutlich festzustellen. Allerdings sei dies kein Grund, Menschen, die von rechter Gewalt bedroht würden, nicht zu helfen, meinte einer. Ein anderer brachte es auf den Punkt: „Arschlöcher gibt es eben überall.“ JÖRG STREICHERT