Mit dem Bus zum Billy-Regal

■ Zum Schnuppergucken okay: der Ritt mit dem Bus 53 zu Ikea / Großpakete werden zur Tortur

Ach Billy. Meterweise Regal- und Stellfläche. Bücher, Erinnerungsreste und sonstiges Gedöns, alles noch in den Kisten, warten schon – auf Billys Lieferung.

Doch vor der Erfüllung der Wohnträume wurde die Buslinie 53 gesetzt. Für Nicht-Automobilisten zumindest. Und so sitzt man auf der Hinfahrt noch ganz wohlgesonnen in Tram und Bus und guckt interessiert auf Bremens Stadtrand-Siedlungen. Der Schicksalsschlag aber kommt, und zwar spätestens auf der Rückfahrt. Dann nämlich, wenn man die Regalmeter, Bretter und sonstigen Anbausysteme in Päckchen verpackt und mit Blumentopf obenauf Richtung Haltestelle Bremen-Brinkum schleppt. Im Bus landet. Und das Handgepäck in jeder Kurve ängstlich umklammert, um den Blumenpott zu retten. Beim Endpunkt Huckelriede geht das Mänover wieder von vorne los: Alles auf den Buckel wuchten, aussteigen, einsteigen, und dann weiter per Strapazenbahn. Billy, Blumentopf und der gleichen wieder fest im verkrampften Haltegriff.

Viele sind es nicht, die ihre Wohnleidenschaften per BSAG transportieren. „Die meisten die hinfahren, wollen nur gucken“, weiß ein Busfahrer. Wuchtige Pakete mit sämtlichen Kleiderschrank-Steckteilen sind die Ausnahme, eher noch landen Papptaschen voll Schnickschnack aus der Grabbel-Ecke im Bus. Oder Lampen und Deckenfluter, die sich gleich an der Busdecke wieder kaputtstoßen. „Am Ikea-Eröffnungstag gab es das haufenweise“, meint der BSAG-Pilot.

Mehr als einen Quadratmeter voll Möbel darf die BSAG ohnehin nicht transportieren. Laut allgemeiner Beförderungsbedigungen muss alles, was über Handgepäckgröße und dem Volumen zweier Stehplätze hinausgeht, am Straßenrand stehen bleiben. Beim Möbelkauf überkommt eben auch den hartgesottensten ÖPNV-Nutzer der Traum vom eigenen Auto.

Trotzdem ist die Kundschaft für die Linie 53, die vor acht Monaten bis vor Ikeas Haustür umgelegt wurde, äußerst rege. 150 bis 200 Ikea-, Novo- oder sonstige Einkaufswillige steigen täglich ein. 60.000 im Jahr. Eine Verzehnfachung der Fahrgäste, freut sich BSAG-Sprecher Jürgen Lemmermann.

Zwar sollte die Ikealinie probehalber ohnehin nur ein Jahr lang laufen. Schließlich wurde dem Möbelladen und dem Umsatz zu Liebe die alte 53er-Fahrtroute aufgegeben – das Nachsehen hatten die durchschnittlich 21 am Bürgerhaus in Obervieland ein- und aussteigenden Fahrgäste. Im November wurde Ersatz geschaffen: Die Linie 51 hält jetzt am Bürgerhaus.

„Das Ganze mit der Linie 53 hat sich inzwischen beruhigt“, erklärt das Ortsamt. Die 53 wird wohl weiterfahren. Verhandlungen zwischen BSAG und Ikea, die sich vor einem Jahr an den Kosten mit einigen tausend Mark beteiligten, laufen schon. Überregionale Buslinien aus dem Umland sollen hinzukommen. „Wir würden unseren Kunden den Service weiterhin gerne anbieten“, meint das Möbelhaus, das einen zweistelligen Besucherzuwachs am neuen Standort verbucht. Nur: Ikea hätte vielleicht auch gerne die Haltestelle vor der Tür anders benannt: „Unter Brinkum-Nord“ können die Leute im Umland doch nicht so viel anfangen.“

In ferner Zukunft könnte alles ein bisschen besser werden – für die Möbelkäufer aus Bremen und im Gegenzug auch für die Pendler aus Weyhe. BSAG-Chef Georg Drechsler will in fünf bis zehn Jahren die Straßenbahnlinie 5 auf der alten Bahntrasse nach Weyhe fahren lassen. Mit Haltestelle bei Ikea, die ganz „zufällig“ auf dem Weg liegt, und mit Weyhe rund 30.000 Tramfahrer erschließen könnte. Für den Leiter des Möbelhauses Raymond Döring sind die Planungen noch „ganz neu“. Aber nicht schlecht. Möbeltransport eingeschlossen. pipe