Was bleibt von der Hilfe zur Selbsthilfe?

Im Entwicklungsministerium streiten die Gutachter um die langfristige Wirkung deutscher Projekte für die Armen

BERLIN taz ■ Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gibt es Streit um die Effektivität von Entwicklungshilfeprojekten. Eine zentrale Studie zur Nachhaltigkeit der Projekte belegt nach Ansicht einer wissenschaftlichen Beratergruppe um Reinhard Stockmann, Professor für Soziologie an der Uni Saarland, dass die deutsche Entwicklungshilfe bei Armen langfristig erfolglos war und Projektziele den Betroffenen weiterhin übergestülpt werden. BMZ-Staatssekretär Erich Stather (SPD) dagegen wertete gestern die Studie positiv. Die Entwicklungsarbeit sei „ganz überwiegend erfolgreich“. Scharf wies Stather die Lesart Stockmanns zurück: Von Verfehlung der Ziele oder einem Rückgang des Erreichten nach Projektende könne „keine Rede sein“. Ausgewertet wurden für die Studie „Wirkungsuntersuchungen abgeschlossener Vorhaben der deutschen EZ“ von 36 Gutachtern 34 Vorhaben der finanziellen und technischen Zusammenarbeit aus den Jahren 1980 bis 1993. Die Nachhaltigkeit armutsorientierter Projekte zur Basisgesundheit, Grundbildung, Landwirtschaft und Wasserversorgung in 19 Ländern wurde untersucht.

Staatssekretär Stather blieb bei seiner Interpretation der Studie allerdings schwammig. So konnte für ihn die Leistungsfähigkeit der aufgebauten Organisationsstrukturen nur in „relativ begrenztem Maße dauerhaft gesteigert werden“, Einrichtungen und Angebote wurden „bestimmungsgemäß, wenn auch nicht optimal genutzt“. Es gebe „Defizite bei der Trägeranalyse“, die Akzeptanz von Projekten sei ein „entscheidender Faktor“. Darin stimmt Stockmann mit ihm überein, aber sein Fazit sieht anders aus. Drei Viertel der Projekte hätten ihr Ziel zum Förderende erreicht, lobt er in einem Beitrag für die Zeitschrift E und Z, aber das Erreichte habe nicht gehalten werden können. Wo Maschinen und Bürogeräte gekauft wurden, verschlechterte sich die Ausstattung bei zwei Dritteln der Projekte wieder, weil Geld für Reparaturen und Ersatzteile fehlt.

Beide Interpreten sind sich einig, dass die Bevölkerung besser einbezogen werden muss und Politik und Wirtschaft des Landes wesentlich zum Erfolg beitragen. Warum diese Erkenntnis immer noch nicht bei Projektentscheidungen berücksichtigt wird, beantworteten beide nicht.

MAIKE RADEMAKER