Turnen auf zwei Rädern

Kinder üben Kunststückchen in der Max-Schmeling-Halle. Der Sportverein Pfefferwerk e. V. bietet ein Programm „Bewegung Integrale“ für Kinder mit und ohne Behinderung

Acht Zentimeter. Das ist schon eine echte Herausforderung. Zumindest, wenn man zum ersten Mal im Rollstuhl sitzt. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach: Zurücklehnen und dann mit Schwung nach vorn – und die Vorderräder sind oben. Die großen Reifen nachzuziehen ist jetzt nur noch ein Kraftakt.

Während der ersten Übungen auf Rädern kommt man sich schon ein bisschen komisch vor, wenn rundherum Bälle fliegen, Rollstühle flitzen, Kinder auf dem Trampolin vergnügt kreischen. Es ist das Winterfest von „Bewegung Integrale“. So heißt das Angebot des Sportvereins Pfefferwerk e. V. für „Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung“. Wer in dem bunten Haufen behindert ist und wer nicht, ließ sich am Donnerstagabend in der Max-Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg allerdings kaum feststellen.

„Die Sportrollstühle sind immer als Erstes weg“, erzählt Jörg Zwirn. Er ist einer der acht Sportlehrer, die das Bewegungsprogramm betreuen. Wenn man erst mal entdeckt hat, wie wendig und schnell das Gerät sein kann, ist die Beliebheit verständlich. „Die Jugendlichen können so auf sehr spielerische Art ein Verständnis für andere Kinder entwickeln, die im Rollstuhl sitzen.“

Johanna ist 11 Jahre alt und kommt mit ihrer Cousine jeden Donnerstag von 17 bis 19 Uhr zum Turnen in die Sporthalle. „Früher fand ich behinderte Kinder immer irgendwie abstoßend“, sagt sie. Wie sie jetzt mit ihnen umgehe? „Ganz normal.“

Viele behinderte Kinder, die neu zum Treff kommen, müssen aber erst mal lernen, mobil zu sein. „Die stehen dann da und machen gar nichts, weil sie ja sonst auch nur herumgeschoben werden“, erklärt Jörg. Entsprechend groß war die Bewunderung für die „Artisten“ des Zirkus Sonnenstich, die beim Winterfest am Donnerstagabend zu Gast waren. Der Kinderzirkus ist ein Integrationsprojekt des Vereins Sonnenuhr. Michael Pigl, ein Leiter des Projekts, steht mit glücklichem Gesicht am Rand, während auf der Bühne die „Künstler“ auf Bällen balancieren oder auf Stelzen laufen. „Diese Freude und Energie, mit der die Kinder auftreten, das können viele Erwachsene gar nicht.“ Da unterbricht ihn ein triumphierendes Geschrei: Zum Abschluss der Vorstellung steht eine Menschenpyramide, mit neun freudeverzerrten Gesichtern.

MAJA DREYER

Kontakt: Sportverein Pfefferwerk e. V. (0 30) 44 38 34 82; Internet: www.pfefferwerk.de