Showdown in der Burgstraße

■ Weil ein Kaufmann wachsen will, droht einem der ältesten, denkmalgeschützten Häuser der Region der Abriss / Grüne befürchten Umfaller in der Bauverwaltung

Die Expansionspläne eines Oldenburger Haushalts- und Spielwarenhändlers bedrohen eines der ältesten Gebäude der gesamten Region. Das denkmalgeschützte Bürgerhaus mit der Hausnummer 13, dessen Kernsubstanz aus dem Jahr 1539 stammt, befindet sich in der Burgstraße – einer heiß umkämpften, noch unsanierten Zone im westlichen Teil der heutigen Oldenburger Altstadt.

Denn die kleine Kopfsteinpflas-terstraße gegenüber des Staatstheaters ist Lieferzufahrt für das Haushalts- und Spielwarengeschäft „Carl-Wilhelm-Meyer“. Dessen Inhaber, Carl-Wilhelm Wilke, liefert sich seit Jahren mit allen denkbaren Gegnern eine Schlacht um den Ausbau des Arreals. Zankapfel sind vor allem die benachbarten Häuser Burgstraße 9 und 13, deren Schicksale miteinander verknüpft sind. Schließlich sind sie in Wilkes Besitz, und der möchte sie abreißen lassen.

Statt ihrer soll eine Tiefgarage mit dreigeschossiger Überbauung entstehen, also Parkfläche für Kunden und Theaterbesucher und zusätzlich Wohn- und Geschäftsräume. Mit im Boot: Bauspekulant Peter Thomas, dem auch Häuser im Areal gehören und der im Übrigen wegen seiner Geschäfte bereits hinter Gittern saß. Nach Wilkes Plänen soll die Geschäftszulieferung künftig unterirdisch erfolgen, „damit hier nicht der ganze Müll und die ganzen Paletten in der Straße rumfliegen“. Obwohl er ja auch selbst für seinen Müll sorgen könnte.

An das Haus mit der Nummer 9, dessen Bewohner wegen des verkommenen Zustandes die Segel gestrichen haben, hat der Händler bereits Hand angelegt. Am 13. Dezember 1998 ließ Wilke ein Abbruchunternehmen das Dach abtragen. Die Stadt intervenierte: Eine Privatperson könne nicht eigenmächtig in eine Sanierungsplanung eingreifen. Also engagierte der Kaufmann fünfzehn Künstler und ließ das Haus zum bunten „Vogelhaus“ verunstalten: Auf dem Dachstuhl ragen die Liebesvögel des Oldenburgers Buthjatha ihre nackten Hälse.

Über die Kosten dieser Aktion schweigt sich der Besitzer Wilke aus und auch über die Frage, ob sich das Geld nicht in den Erhalt von Wohnraum sinnvoll investieren lasse, mag er nicht nachdenken, denn „wenn das Haus weg ist, geht es vielleicht mal weiter“. Und hier kommt die Nummer 13 ins Spiel.

Nach Wilkes Vorstellungen müsste dann auch dieses betagte Fachwerkgebäude weichen, das neben dem Amtshaus in Hude eines der ältesten Bauwerke in und um Oldenburg sein soll. Immerhin: Wenn es nach Wilke geht, soll der in zurückliegenden Jahrhunderten bereits überbaute historische Kern des Hauses nebst Resten der alten Stadtmauer in die neuen Gebäude eingefasst und auf diese Weise erhalten bleiben – betonumkränzt.

Damit das Ganze klappt, baut der Händler auf den Nachweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit laut § 7 des niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes, da er das Haus über 25 Jahre hat leer stehen lassen, Mieteinnahmen also nicht mehr vorhanden sind. Zwar hat der Rat der Stadt Oldenburg, der ebenfalls Gebäude an der Burgstraße gehören, eine Veränderungsverfügung für das Gebiet erlassen. Doch die scheine Baurat Hans-Martin Schutte (CDU) in Einzelfällen – wie dem Haus Burgstraße Nummer 9 – als nicht bindend anzusehen, befürchtet die Ratsfraktion der Oldenburger Grünen.

Am heutigen Donnerstag soll die Verwaltung den Bauausschuss informieren, wie mit dem Antrag Herrn Wilkes auf Abriss der Nummer 9 verfahren werden soll – was, wie beschrieben, auch Auswirkung auf die Zukunft der Nummer 13 hat. In dieser Woche hatten die Oldenburger Grünen bereits die Öffentlichkeit zu einer Demo vor Ort mobilisiert. Die Initiative Unser Oldenburg erwägt gar, Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Verantwortlichen in der Bauverwaltung einzureichen.

Denn obwohl das Haus Nummer 9 selbst nicht denkmalgeschützt ist, gehört es zu einem Ensemble, dem ein denkmalschutzrechtliches Gutachten der Bezirksregierung Weser-Ems vom März dieses Jahres attestiert, es dokumentiere „dennoch in der vorhandenen Struktur noch deutlich die stadtbau- und sozialgeschichtliche Bedeutung dieses Stadtbereiches“.

Mit einer Stattgabe zum Abbruch der Nummer 9 aber würde in diese Struktur eingegriffen und sie würde somit entwertet, fürchten die Grünen, die sich für die Instandsetzung beider Häuser stark machen. Außerdem würde über Eingriffe in den Untergrund die gesamte historische Häuserzeile destabilisiert.

Marijke Gerwin