Nur ein Mitläufer

Einer der gestern wegen eines rassistischen Überfalls Festgenommenen stand bereits im „Hetzjagdprozess“ vor Gericht. Er galt als Mitläufer

BERLIN taz/dpa David B., einer der der mutmaßlichen Täter von Guben, ist als Rechtsextremist einschlägig bekannt. Gemeinsam mit zehn anderen Jugendlichen musste er sich in diesem Jahr im so genannten Hetzjagdprozess verantworten.

Am 13. November urteilte das Gericht in dem Prozess wegen der tödlichen Jagd auf einen Algerier so milde, dass ihre Anwälte sich nach dem Urteil „sehr zufrieden“ zeigten. Die drei Rädelsführer erhielten zwei bis drei Jahre Jugendstrafe ohne Bewährung wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Körperverletzung; sechs Angeklagte wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der Mitläufer David B. kam mit einer Verwarnung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit glimpflich davon.

Erleichtert gab die Mutter von David B. damals Reportern zu Protokoll: „Das Urteil ist schon richtig.“ Ihr Sohn bedaure die Tat „auf jeden Fall“. Trotz seiner Glatze, den Springerstiefeln und der ganzen Skinheadmontur sei ihr Sohn nicht rechtsradikal. Ein typischer Mitläufer sei David B., attestierte auch die Verteidigerin. Er habe lediglich in einem der Autos gesessen, die Farid Guendoul durch die Stadt trieben. Ansonsten, so die Verteidigerin, sei B. „der ruhende Pol der Gruppe“. Allem Anschein nach haben sich Mutter und Verteidigerin geirrt.

David B. war bei dem gestrigen Überfall auf einen asiatisch aussehenden Deutschen in Guben wieder dabei. Ob er dem 20-Jährigen das Messer in den Rücken rammte, wird ein Gericht klären müssen.

Mit der neuen Attacke liegt Guben wieder einmal voll im Trend. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der die Dauer des „Hetzjagdprozess“ als Skandal empfand, sieht im Rechtsradikalismus zwar kein alleiniges ostdeutsches Problem, im Osten zeige er aber „ein brutaleres Gesicht“ als im Westen. Thierse geht davon aus, dass viele Ostdeutsche noch autoritäre Einstellungen mit sich herumschleppten. Sie hätten auch wenig Erfahrung in der Auseinandersetzung mit Fremden und dem Fremden. „All das wirkt nach“, warnte er gestern in einem Interview zum Thema Rechtsextremismus.

Überhaupt scheinen sich die Ahnungen derer zu bestätigen, die in den milden Urteilen vom November ein „falsches Signal“ sahen. Damals warnte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman: „Dieses Urteil droht in der Szene missverstanden zu werden.“ ANNETTE ROGALLA