schwarze taz
: Eva Wylie und andere Tough Girls: Harte Krimis über harte Frauen

Wer Sex nicht mag, hat schlechte Karten

Einer der dümmsten Sprüche, den sich jemand als Werbeslogan für Bücher von Frauen ausgedacht hat, lautet: Frauen schreiben besser. Vor allem bei Krimis wird er gern verwendet, weil Presseleuten und Kritikern zu Stil und Plot nichts einfällt. Ärgerlich ist daran vor allem die Ungerechtigkeit, die jenen Autorinnen widerfährt, die sich nicht hinter ihrem pseudomilitanten Frausein verstecken und tatsächlich gut sind.

Da wäre zum Beispiel Liza Cody. Sie schrieb schon harte Krimis über harte Frauen, als die meisten Kolleginnen noch Psychologie studierten. Bekannt wurde sie mit ihrer Serie um die Detektivin Anna Lee. Als sie es leid war, mit einer attraktiven Haupfigur zu arbeiten, erfand sie Eva Wylie, eine ehemalige Catcherin, die ab und zu in haarsträubende Kriminalfälle schlittert.

Drei Eva-Wylie-Romane gibt es bis heute. Zwei sind mal auf Deutsch erschienen und unbemerkt verschwunden. Jetzt will der Ariadne Verlag es wissen und bringt sie noch mal neu heraus. Darüber sollten sich nicht nur alle Tough Girls, sondern auch alle männlichen Liebhaber von Hardboiled-Crime freuen, denn diese Bücher sind mit das Beste, was man an fröhlich zupackender Actionliteratur kriegen kann.

Maureen Tan schreibt schlechter. In ihrem Debüt „Jane Nichols Undercover“ führt sie eine Heldin ein, die sich ein ganzes Buch lang nicht entscheiden kann, ob sie nun ein Sensibelchen oder eine brutale Killerin ist. Jane Nichols steht im Dienste des britischen Geheimdienstes MI 5 und ist so sehr damit beschäftigt, gegen Vorgesetzte, Kollegen und Feinde anzugehen, dass man sich fragt, warum sie diesen grässlichen Job, bei dem sie ständig betrogen und geschlagen wird, überhaupt ausübt. Was sie in Rom unter Kriminellen und in Nordirland unter IRA-Rebellen sucht, wird nicht so recht klar. Vielleicht will sie bloß herausfinden, welche von den vielen Geschichten sich am Schluss als die richtige erweist.

Auch Sara Paretskys neuer Roman beginnt unklar. Zunächst lässt sie so viele unwichtige Figuren auftreten, dass man fürchtet, sie könnte das Schreiben verlernt haben.

Dann geht's aber doch los: Die Chicagoer Privatdetektivin Vic Warshawski überfährt beinahe eine schwer misshandelte Frau und wird von der Polizei unter Druck gesetzt. Die Frau war ein entflohener Häftling, ihre Leiche verschwindet mysteriöserweise aus dem Leichenschauhaus, und Vic Warshawski kann gar nicht anders, als auf eigene Faust zu ermitteln. Paretsky wendet auch hier wieder ihr bewährtes Erfolgsrezept an: Ihre Privatdetektivin ist das in die Jahre gekommene All-American Girl, ein Durchschnittstyp, der zur Identifikation einlädt. Aber eine Spur härter ist sie dann doch – was sich bewährt, als sie im Frauenknast ums nackte Überleben kämpfen muss.

„Die verschwundene Frau“ ist ein hartes, ernstes Buch. Lockerer geht es in Tony Fenellys „Leichen zum Fest“ zu. Wieder einmal tritt Margo Fortier, Klatschkolumnistin in New Orleans, auf. Diesmal nicht nur in der Gegenwart von 1998, sondern auch rückblickend als Stripperin im Jahr 1970. Wie immer liebt sie nichts so sehr, wie über Sex zu reden. Und wie immer gerät sie in einen Kriminalfall, der ganz auf sie zugeschnitten ist, als ein blonder Jüngling auftaucht und sich per DNS-Test in eine reiche Familie einschleichen möchte. Wo Sara Paretsky sich schwerfällig abarbeitet, nämlich bei der Beschreibung der Stadt als Kampfzone rivalisierender Gruppen, langt Tony Fenelly lässig hin und bringt alles kurz und witzig auf den Punkt.

Nur wer Sex nicht mag, hat bei ihr schlechte Karten.

ROBERT BRACK

Liza Cody: „Was sie nicht umbringt . . .“. Aus dem Englischen von Regina Rawlinson. Ariadne, Hamburg 2000, 255 Seiten, 17,80 DMMaureen Tan: „Jane Nichols Undercover“. Aus dem Amerikanischen von Ute Koller. Knaur Verlag, München 2000, 366 Seiten, 15,90 DMSara Paretsky: „Die verschwundene Frau“. Aus dem Amerikanischen von Sonja Hauser. Piper Verlag, München 2000, 446 Seiten, 39,80 DMTony Fenelly: „Leichen zum Fest“. Aus dem Amerikanischen von Bettina Zeller. Rotbuch Verlag, Hamburg 2000, 245 Seiten, 18,90 DM