Flucht nach vorne

Bundesverteidigungsministerium versucht sich gegen Vorwürfe zu verteidigen, nicht rechtzeitig über Urangeschosse informiert zu haben

BERLIN taz ■ Bereits im September 1999 stand die Informationspolitik des von Rudolf Scharping geleiteten Bundesverteidigungsministeriums im Zusammenhang mit Urangeschossen in der Kritik. Dies ergibt sich aus einem Brief des SPD-Politikers an den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Helmut Wieczorek (SPD) vom 30. September 1999. Darin bedauert Scharping, dass „unter den Obleuten (des Ausschusses; die Red.) der Eindruck einer teilweisen schleppenden Bearbeitung von Anfragen entstanden ist“. Dies sei zum Teil auf „erhöhte Belastungen einzelner Abteilungen im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen zurückzuführen“.

Aus der gestern von Scharping vorgelegten Dokumentation zur Uranmunition geht zudem hervor, dass das Ministerium erstmals am 22. Juni 1999 schriftlich zur Verwendung von Urangeschossen Stellung nahm. Bereits am 12. Mai 1999 hatte Scharping dazu im Verteidigungsausschuss Stellung genommen. Bis Ende 2000 wurde der Ausschuss insgesamt vier Mal mündlich, davon zwei Mal durch Scharping persönlich, zum Thema DU-Munition unterrichtet.

Im Schreiben vom 30. September 1999 schloss Scharping nicht aus, dass für Personen ein Gesundheitsrisko vorhanden sei, die Zugang zu solchen gepanzerten Fahrzeugen haben, die von Urangeschossen beim Kosovo-Einsatz getroffen wurden. Im selben Brief wies er jedoch darauf hin, dass die Soldaten der Bundeswehr auf die „speziellen Gefährdungen“ durch abgereichertes Uran hingewiesen und mit „Maßnahmen des Eigenschutzes vertraut gemacht“ würden. Erstmals wird in der Truppeninformation der Streitkräfte auch Bosnien im Zusammenhang mit Uranmunition genannt. Diese datiert vom 5. Januar 2001: „Nach derzeitigem Kenntnisstand“ bestehe bei „Einhaltung der befohlenen Schutzvorschriften“ eine Gefährdung im Kosovo und „auch in Bosnien nicht“.

SEVERIN WEILAND