Pieck-Villa für Wessis

Das Haus des ehemaligen DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck am Majakowski-Ring wird rückübertragen. Gericht: „Krasser Fall von unkontrollierter Machtausübung“

Die Villa des ersten DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck im ehemaligen Pankower „Regierungsstädtchen“ wird den ursprünglichen Eigentümern rückübertragen. Der Rechtsstreit um das Grundstück am Majakowski-Ring, das Pieck bis zu seinem Tod im Jahr 1960 bewohnte, ging gestern mit einer gütlichen Einigung zwischen der Erbengemeinschaft der enteigneten Besitzer und dem Land Berlin zu Ende.

Die Richter der 29. Kammer hatten der zuständigen Behörde, dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, die Einigung dringendst empfohlen. „Die Enteignungsmaßnahme ist ein krasser Fall von unkontrollierter Machtausübung“, stellte der Vorsitzende der Kammer, Volker Reichelt, fest. Seiner Ansicht nach hätten die Staatsorgane der DDR niemals einen Gedanken an die Eigentumsverhältnisse verschwendet. Eines der Indizien dafür sei, dass die Enteignung erst Mitte der 70er-Jahre und damit erst nach dem Umbau des Gebäudes zum Gästehaus des Ostberliner Magistrats eingeleitet wurde. Auch nach damaligem DDR-Recht sei der ganze Vorgang „Murks“ gewesen, wie es Richter Reichelt ausdrückte. Vielmehr sehe es so aus, als habe sich jemand, der mit Macht erfüllt war, einfach bedient.

Reichert verwies auch auf die jüngere Rechtsprechung über Alteigentumsfälle, die entgegen früheren Entscheidungen nicht mehr „holzschnittartig“ vorgenommen würde. Nachdem das Gericht auch das Verhalten der Behörde nach der Wende nachdrücklich kritisiert hatte, erklärte sich die Vertreterin des Landes Berlin bereit, die Bescheide im Sinne der Erben zu ändern.

Die Familie zeigte sich gestern zwar erfreut über den Ausgang des Verfahrens, weiß aber noch nicht, wie sie das Gebäude weiterhin nutzen wird. „Zum Wohnen ist es sicher nicht geeignet, das ist ja so verschandelt worden“, sagte eine der Erbinnen. Sie beklagte vor allem, dass der gesamte Hausrat ihres Großvaters entwendet worden sei. So habe sie in einer Ausstellung im Hause Bilder mit Pieck auf großväterlichen Möbeln gesehen, die nun verschwunden seien.

Der Bezirk Pankow nutzt die Villa seit gut einem Jahr als Ausstellungsraum zur Geschichte der DDR. Heute Abend wird eine neue Ausstellung mit dem Titel „Von Pankow nach Wandlitz“ eröffnet, die das Leben in dem ehemaligen Wohnviertel der DDR-Führungsschicht dokumentiert. Der Bezirk habe weiterhin Interesse an der Pieck-Villa, sagte gestern die Kulturbeauftragte des Bezirks, Christa Juretzka. „Aus eigenen Mitteln sind wir aber nicht in der Lage, das Haus zu betreiben.“ MAJA DREYER