die stimme der kritik
: Betr.: Homo Xerox, Teil 2

Jesus ist schon geklont

Das kalifornische „Second Coming Project“ will, wie vor wenigen Tagen an dieser Stelle erwähnt, aus alten Reliquien Jesus-Gene gewinnen und einer Jungfrau einpflanzen. Ätsch, Jesus ist schon geklont!, antwortet da die Sekte der „Raelianer“, deren angebliche 30.000 Mitglieder sich in den USA, der Schweiz und anderswo tummeln. Der französische Motorsportler und Sänger Rael, einst unter dem Namen Claude Vorilhon geboren, ist der festen Überzeugung, dass alles Leben auf Erden von außerirdischen Ufo-Fahrern namens Elohim gezüchtet wurde. Auch Jesus’ Wiederauferstehen war in Wirklichkeit ein Fall von Klonen in den Labors der tüchtigen Elohim. Sagt Rael, der „Letzte der Propheten, Sohn Jahwes und Bruder von Jesus“, der als Elohim-Abkömmling die Menschheit klontechnisch perfektionieren möchte.

Die vom göttlichen Rael höchst irdisch gegründete Firma „Clonaid“ im Gentechnikparadies Bahamas bietet nunmehr als „weltweit erste Gesellschaft für Menschenklonen“ im Internet ihre Dienste an (www.rael. org). Für 50.000 Dollar kann man dort, wenn man nur bescheuert genug ist, Kopien bestellen von Großonkel Otto oder Urenkel Eugenie, egal ob tot oder lebendig. Dass das funktioniert, will der Sektenführer nun mittels eines toten Kindes beweisen. Der zehn Monate alte Junge war bei einer Operation in den USA gestorben und soll irgendwann im Jahre 2002 wiederauferstehen. Der Sektenführer wirbt damit, schon 50 Anhängerinnen gefunden zu haben, deren Eizellen mit dem Erbgut des Jungen gefüllt und wieder in ihre Bäuche eingepflanzt werden.

Auch Raels übernächstes Projekt steht schon fest: das Klonen einer erwachsenen Person, deren Kopie sich dann den mühevollen Prozess des Großwerdens ersparen kann. Ganz neue Dimensionen tun sich auf: keine kleinkindhaften Trotzphasen, die vorzugsweise in Regenpfützen ausgetobt werden, keine pubertären Wirren mehr! „Nach dem Tod“, so Rael, „wachen wir in einem brandneuen Körper auf, wie nach einem guten Nachtschlaf!“

Dumm nur, dass die Natur irgendwie doch noch Schwierigkeiten macht. Geklonte Schafe oder Mäuse kommen oft, wenn die eingepflanzten Embryonen überhaupt bis zur Geburt überleben, mit aufgeblähten inneren Organen auf die Welt, mit deformierten Gliedmaßen, Lähmungen, kaputten Nieren, Übergewicht, verformten Herzen, Atemnöten. Was für eine Lebensaussicht! Und das auch noch in alle Ewigkeit! Denn Klonen, sagt Rael, macht unsterblich. UTE SCHEUB