Wieder steht Mosambik unter Wasser

Genau ein Jahr nach der schwersten Hochwasserkatastrophe des südlichen Afrika verursachen Fluten in Mosambik erneut 100.000 Obdachlose und 40 Tote. Diesmal ist das Land besser vorbereitet, aber Hilfe braucht es trotzdem

JOHANNESBURG taz ■ Die Bilder gleichen sich. Menschen retten sich vor braunen Fluten auf Bäume und Hausdächer, Dörfer versinken in der trüben Brühe, Straßen und Brücken werden weggerissen. Fast 400.000 Menschen sind in Mosambik wieder von Hochwasser betroffen, 100.000 verloren ihre Häuser, mindestens 40 ertranken. Genau ein Jahr nach der schlimmsten Hochwasserkatastrophe in der Geschichte des Landes haben sintflutartige Regenfälle in den mittleren Provinzen Mosambiks entlang des Sambesi-Flusses erneut schwere Verwüstungen hinterlassen. Auch in den Nachbarländern Malawi, Simbawbe und Sambia regnet es so stark, dass Zehntausende obdachlos sind.

Anders als vor einem Jahr bemühen sich die mosambikanischen Behörden diesmal, schnell zu reagieren. Am Mittwoch rief die Regierung die internationale Gemeinschaft zu Hilfe in Höhe von mindestens 30 Millionen US-Dollar auf. Während sie vor einem Jahr alle Rettungsaktionen ausländischen Helfern überließ, ist jetzt die eigene Armee im Einsatz.

Derzeit ist das Welternährungsprogramm der UNO (WFP) noch zuversichtlich, mit den vorhandenen Vorräten mindestens einen Monat lang 250.000 Menschen ernähren zu können. „Sowohl die Regierung als auch die Hilfsorganisationen sind viel besser auf eine neue Katastrophe vorbereitet“, sagt Inyene Udoyene vom WFP. Auch der Leiter der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (gtz) in Maputo, Rudolf Mutschler, ist optimistisch. „Das Land hat viel gelernt“, glaubt er. „Der Wille, Krisen aus eigener Kraft zu bewältigen, ist überall sichtbar.“

Was aber passiert, wenn erneut eine Katastrophe eintritt, vermag sich niemand vorzustellen. „Wenn die Regenfälle anhalten, befürchten wir das Schlimmste“, warnt das Nationale Institut für Katastrophenschutz in Maputo. „Schon jetzt gibt es wieder Ortschaften, die nur aus der Luft erreichbar sind.“ Erneut hat Südafrika als Erstes Hubschrauber zur Verfügung gestellt, um zu helfen. Das aber reicht nicht mehr.

Der Schock des vergangenen Jahres sitzt tief. Die Hilferufe des bettelarmen Landes verhallten damals im Westen lange ungehört, eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern des südlichen Afrika fand mit Ausnahme Südafrikas nicht statt. Als die Hilfe eintraf, war es fast zu spät.

Der Regen trifft Mosambik hart. Kaum hatte sich das Land einigermaßen von einem fast 20-jährigen Bürgerkrieg erholt, zerstörten im vergangenen Jahr riesige Wassermassen die Infrastruktur und Hunderttausende wurden obdachlos. In der größten Hilfsaktion im südlichen Afrika wurden Zehntausende Menschen aus der Luft evakuiert. Nicht zuletzt die spektakulären Fernsehbilder davon sorgten dafür, dass eine Hilfsaktion von gigantischem Ausmaß anlief. Auch deutsche Luftwaffe und Bundesgrenzschutz schickten Hubschrauber.

Ein Jahr später sind im damals besonders stark betroffenen Süden Mosambiks die Spuren der Flut kaum noch sichtbar. Straßen und Brücken wurden repariert, die Autobahn ins benachbarte Südafrika fertig gestellt, Häuser wieder aufgebaut. Während der Süden des Landes von der Nähe zum Wirtschaftsgiganten Südafrika profitiert, ist die Armut in den nördlichen Landesteilen jedoch noch immer erschreckend. Mosambik, eines der ärmsten Länder der Welt, ist auch klimatisch nicht gerade begünstigt. Harte Dürrezeiten wechseln mit heftigen Regenjahren, in denen alle großen Flüsse des südlichen Afrika ihr Wasser ins Tiefland von Mosambik ergießen. Überschwemmungen in der Regenzeit von Oktober bis März sind deshalb nicht ungewöhnlich. Dessen ungeachtet siedeln sich jedoch immer wieder Tausende von Menschen auf dem fruchtbaren Schwemmland an, deren Häuser in Flutzeiten davongespült werden.

Ob jetzt eine neue Katastrophe eintreten wird, hängt von der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern ab. Die mosambikanische Regierung hat sich bereits an Simbabwe und Sambia mit der Bitte gewandt, ihre Dämme nicht noch weiter zu öffnen. Im vergangenen Jahr trugen die Nachbarn durch das nicht koordinierte Öffnen ihrer Schleusen maßgeblich zur Misere in Mosambik bei: Eine riesige Flutwelle wälzte sich durch die großen Flüsse ins östliche Tiefland und verwandelte es endgültig in eine Seenlandschaft. Dieses Szenario könnte sich nun wiederholen. KORDULA DOERFLER