UNO versorgt Guineas Flüchtlinge

250.000 Flüchtlinge im Kriegsgebiet erhalten jetzt humanitäre Hilfe. Während die UNO über eine politische Lösung der Krise nachdenkt, verlängert die Regierung den Krieg mit Luftangriffen und nutzt ihn zur finanziellen Sanierung

BERLIN taz ■ Die Flüchtlingskrise im westafrikanischen Guinea ist nicht gelöst, aber ein wenig gemildert. Ein Lastwagenkonvoi des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR brachte am Montag 58 Tonnen Lebensmittel in den so genannten „Papageienschnabel“ – ein Stück Guinea, das auf drei Seiten von Sierra Leone umschlossen ist und in dem 180.000 sierra-leonische Flüchtlinge und 70.000 guineische Kriegsvertriebene seit dem Herbst von Hilfe abgeschnitten waren.

Bereits am 14. Februar hatte das UN-Welternährungsprogramm WFP 30 Tonnen Lebensmittel in diese Region gebracht. Diese Vorräte dürften für zwei Monate reichen. In dieser Zeit müsste es möglich sein, eine politische Lösung für die Krise im Dreieck zwischen Guinea, Sierra Leone und Liberia zu finden.

Seit Sommer 2000 kämpfen im Süden Guineas Rebellen gegen die Regierung von Präsident Lansana Conté. Sie werden von Liberia sowie der sierra-leonischen Rebellenbewegung RUF (Vereinigte Revolutionäre Front) unterstützt. Der Krieg findet in einer Region statt, wo Hunderttausende Flüchtlinge aus Liberia und Sierra Leone leben. Guineas Regierung hält diese Flüchtlinge für Alliierte der Rebellen und setzt gegen sie einheimische Milizen sowie Kämpfer der in Guinea basierten liberianischen Oppositionsgruppe Ulimo (Vereinigte Befreiungsbewegung) ein.

Die Ulimo spaltete sich im Januar, nachdem hohe guineische Militärs das für sie bestimmte Geld veruntreut hatten. Teile der Ulimo kämpfen seitdem in Guinea auf Seiten der Rebellen. In Reaktion darauf sperrte Guineas Armee das Kampfgebiet ab und leitete eine Großoffensive ein. Dies verschärfte die Lage der Flüchtlinge weiter.

Bemühungen des UNHCR, die Flüchtlinge gegen deren Mehrheitswillen in andere Teile Guineas zu evakuieren, sind nur schleppend vorangegangen – etwa 10.000 wurden bislang aus dem Kampfgebiet abtransportiert. Auch der letztes Jahr von der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) beschlossene Einsatz einer 1.600 Mann starken Friedenstruppe an Guineas Grenzen ist bis heute nicht erfolgt. Guineas Regierung lehnt die Stationierung dieser „Ecomog“-Truppe als „vergifteten Kelch“ ab. Man wolle keine neutrale Friedenstruppe, sagte Guineas Außenministerin M’Mahawa Bangoura, sondern eine mit einem „friedenserzwingenden Mandat, das Guinea ermöglicht, die bewaffneten Banden zu überwältigen“. UNHCR-Chef Ruud Lubbers dagegen sieht das Mandat der Truppe vor allem im humanitären Bereich, wie er letzte Woche sagte. Langfristig müsse eine auswärtige Militärintervention „größere Stabilität“ schaffen“.

Die Kriegsführung der guineischen Armee steht diesem Ziel entgegen. Die neuen Kampfhubschrauber, die Guinea letztes Jahr aus der Ukraine kaufte, fliegen regelmäßige Luftangriffe auf Dörfer im Norden Sierra Leones, um die dort herrschende RUF zu schwächen – zuletzt am Wochenende. 40.000 Menschen sind aus den betroffenen Gebieten auf der Flucht.

Der Krieg belastet Guineas Wirtschaft schwer. Zwischen September und Dezember 2000 gab die Regierung umgerechnet 120 Millionen Mark für das Militär aus, den Löwenanteil davon für Kampfhubschrauber. Dieses Jahr ist der Verteidigungshaushalt auf 150 Millionen Mark angesetzt.

Zugleich kam Guinea Ende 2000 in den Genuss eines russischen Schuldenerlasses auf seine Altschulden bei der Ex-Sowjetunion. Sie wurden von 500 Millionen Dollar (1,1 Milliarden Mark) auf 142 Millionen Dollar (300 Millionen Mark) gesenkt; ein Fünftel davon wird in russische Beteiligungen an der guineischen Förderung von Bauxit – dem Rohstoff, aus dem Aluminium hergestellt wird – umgewandelt. Während die Ex-Sowjetunion Guineas Minen kauft und sein Militär aufrüstet, was den Krieg verlängert, dürfen die EU und die USA die humanitäre Hilfe für die unter den Folgen dieses Krieges leidenden Flüchtlinge bezahlen. DOMINIC JOHNSON