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: Reflexion vor ruhigen Kaminen

Kamingespräch – Klaus-Peter Siegloch im Gespräch mit Jens Reich (Do., 20.15, Phoenix)

Ja, so kann Fernsehen auch sein: Gelassen trotz hochbrisanter Thematik (Biogenetik, Embryologie), fast ruhig im positiven Sinne: Durchdacht, reflektiert und vor allem verständlich diskutierte Klaus-Peter Siegloch, im Hauptberuf „heute“-Moderator, mit dem Bioethiker und Bürgerrechtler Jens Reich.

Kein erklärendes Einführungsfilmchen, kein Info-Schnipsel mit Absolutheitsanspruch, sondern ein behutsames, fast vorsichtiges Herantasten an eine Materie, bei der die Grenzen des Machbaren wie des Denkbaren in ungeahnte Dimensionen vorstoßen.

Kein Karteikartengefuchtel bei Siegloch, kein Fachchinesisch bei Reich, dafür ebenso klare wie differenzierte Aussagen: „Wären Sie neugierig gewesen, hätten Sie es wissen wollen?“, fragte Siegloch den Wissenschaftler und mehrfachen Vater Reich zur pränatalen Diagnostik. „Eigentlich lieber nicht“, sagt der und appelliert daran, dem menschlichen Leben und Zusammenleben seine Intimsphäre zu erhalten. Dort aber, wo begründete Aussicht auf Besserung besteht, bei der Entwicklung neuer, gesunder Nervenzellen beispielsweise für Parkinson-Patienten, haben für Reich fundamentalethische Positionen ihre Berechtigung verloren.

Zur Sendung passte auch Reichs Plädoyer für Langsamkeit in der allzu hektischen Debatte um eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes. Ein „bisschen Oberflächenwissen“ nannte er den derzeitigen Kenntnisstand nach den ersten 100 Jahren Embryologie. Nun sitzen ihm auch nicht wie anderen Wissenschaftlern an der Gen-Front Pharmaindustrie oder Patentierungswahn im Nacken. Und Phoenix nicht unbedingt die öffentlich-rechtlichen Quotenmesser aus der ersten Reihe, weshalb Gespräche hier noch zur Primetime stattfinden, und nicht zur Geisterstunde in „Nachtstudios“ abgeschoben werden.

Fünf „Kamingespräche“ aus der American Academy am Berliner Wannsee haben bis jetzt stattgefunden, vielleicht nicht alle von dem Format wie die Sendung mit Jens Reich. Doch sie zeigen, dass sich der „Ereigniskanal“ hier eine weitere, mittlerweile ziemlich exklusive Nische in der deutschen TV-Landschaft geschaffen hat. Und sogar der Kamin ist echt. STG