Shell zapft jetzt DEA-Tankstellen an

RWE-DEA und Shell verkünden die Gründung eines Joint Venture und verdrängen damit Aral von Platz 1 der Tankstellencharts. Das scheint aber nur der erste Schritt zum kompletten Verkauf der DEA-Tankstellen und -Raffinerien an den Öl-Multi zu sein

von JENS UEHLECKE

Der Essener Energieversorger RWE hat gestern offenbar den ersten Schritt zum Ausstieg aus dem Raffinerie- und Tankstellengeschäft vollzogen. Wie das Unternehmen auf einer Pressekonferenz in Hamburg mitteilte, wird seine Tochter RWE-DEA zum 1. Juli ihr so genanntes Downstreamgeschäft in ein Joint Venture mit der Deutschen Shell einbringen. Demnach werden Raffinerien und Tankstellen beider Unternehmen sowie deren Vertrieb und Marketing künftig von dem Gemeinschaftsunternehmen Shell & DEA Oil geführt werden.

Zwar werden die Konzerne zunächst gleichberechtigt je 50 Prozent an der neuen Gesellschaft halten, doch soll Shell schon 2004 ein weiteres Prozent und damit die Mehrheit übernehmen. Darüber hinaus hat RWE die Option, dann seinen gesamten Anteil an den Partner zu verkaufen. Shell-Sprecher Rainer Winzenried sagte der taz gestern, er erwarte, dass sich RWE von seinen Anteilen trennen werde. Damit würden sich die Essener ganz aus dem Mineralöl- und Tankstellengeschäft verabschieden. Aus der RWE-Zentrale verlautete dagegen, was 2004 geschehe, stehe noch nicht fest.

Spekulationen um eine Abtrennung der RWE-DEA vom RWE-Konzern kursieren schon länger: Mehrfach hatte die Essener Konzernzentrale erklärt, Verarbeitung und Verkauf von Mineralöl gehörten nicht zum Kerngeschäft. Man wolle sich künftig stärker auf die Bereiche Strom, Gas, Wasser und Entsorgung konzentrieren. „Wir können allein einfach nicht die kritische Masse erreichen, um im europäischen Markt zu den Großen zu zählen“, sagt Derek Mösche, Pressereferent von RWE-DEA. „Das ist aber das Ziel der RWE in allen Geschäftsbereichen.“

Durch das Joint Venture von RWE-DEA und Deutscher Shell entsteht mit 3.200 Tankstellen und einem Marktanteil von 23 Prozent Deutschlands größter Tankstellenbetreiber. Durch Synergieeffekte soll er im Vergleich zu seinen Vorgängern rund 300 Millionen Mark im Jahr einsparen. Die Marken „Dea“ und „Shell“ sollen zunächst nebeneinander laufen. Ob Tankstellen geschlossen werden, wollen RWE-DEA und Shell aber erst mittelfristig entscheiden. Außerdem kündigten sie an, nach der Zusammenlegung 750 Arbeitsplätze streichen zu wollen. Betriebsbedingte Kündigungen schlossen sie nicht aus.

Die Gründung des Joint Venture verwundert nicht, gilt der Mineralölmarkt in Deutschland doch als hart umkämpft. Durch hohe Ölpreise, einen teuren Dollar und die Ökosteuer ist an deutschen Tankstellen nach Angaben des Hamburger Mineralölwirtschaftsverbandes letztes Jahr ein Verlust von einer Milliarde Mark entstanden. Bis 2010 erwartet er aufgrund des sinkenden Kraftstoffbedarfs die Schließung von 4.000 Tankstellen.