EU will Asylverfahren regeln

Ein Richtlinienentwurf will die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge vereinheitlichen und ein „menschenwürdiges Leben“ sicherstellen. Dazu dienen Mindeststandards

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission hat gestern einen Richtlinienentwurf vorgelegt, der die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in der EU vereinheitlichen soll. Der „einheitliche Rechtsraum“, den die Staats- und Regierungschefs 1999 beim Gipfel in der finnischen Stadt Tampere angekündigt haben, ist damit näher gerückt. EU-weite Mindeststandards für Flüchtlinge, die auf ihren Asylbescheid warten, sollen so genanntes Asyl-Shopping verhindern, damit besonders humane Länder nicht dadurch bestraft werden, dass die Bewerberzahlen ansteigen.

Im vergangenen Jahr hatte die Kommission bereits Richtlinienvorschläge zur Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen und zum Asylverfahren vorgelegt. Sie müssen allerdings – wie auch der jüngste Entwurf – vom Ministerrat einstimmig angenommen werden. Deutschland hatte beim Gipfel von Nizza verhindert, dass Immigrations- und Flüchtlingsfragen in der EU mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden können.

Die Kommission betont, dass die Mitgliedsländer Aufnahmebedingungen schaffen müssen, die „ein menschenwürdiges Lebensniveau sicherstellen“. Die Richtlinie nennt dafür Rahmenbedingungen. Minderjährige sollen sofort die Landessprache lernen können und dann am staatlichen Schulunterricht teilnehmen. Wird ein Flüchtling volljährig, darf er dennoch die weiterführende Schule beenden. Spätestens sechs Monate nach Einreise müssen Arbeitserlaubnis und Fortbildung gewährt werden.

Über die Unterbringung entscheiden die Länder selbst. Sie können Asylbewerberheime einrichten, Hotelzimmer anmieten oder die Miete erstatten. Es bleibt ihnen auch freigestellt, über die Mindeststandards hinauszugehen.

Die EU-Kommission verlangt, dass die Flüchtlinge bei der Einreise über ihre Rechte und die ihnen zustehenden Sozialleistungen informiert werden. Juristischer Beistand, medizinische und soziale Betreuung müssen gewährleistet sein. Jedem Asylbewerber muss sofort ein Dokument ausgestellt werden, in dem bescheinigt wird, dass er sich rechtmäßig im Land aufhält. Die Bewegungsfreiheit darf nur eingeschränkt werden, um das Asylverfahren zu beschleunigen.

Abschiebezentren, wie sie derzeit auf vielen europäischen Flughäfen bestehen, bleiben auch nach der neuen Richtlinie zulässig. Dort dürfen aber nur Flüchtlinge festgehalten werden, die keine Identitätspapiere haben oder offensichtlich gefälschte Papiere vorlegen.

Asylbewerber können auch dann außerhalb des Hoheitsgebiets im Flughafenbereich festgehalten werden, wenn ihr Recht auf Einreise überprüft werden muss. Eine derartige „Gewahrsamanordnung“ muss aber in regelmäßigen Abständen juristisch bestätigt werden. Die EU-Kommission erarbeitete die Richtlinie auf der Grundlage von Studien des UN-Flüchtlingshochkommissariats sowie der EU-Mitgliedsstaaten.

DANIELA WEINGÄRTNER