„Nie ein Euter in der Hand gehabt“

■ Bayerns führende Vertreter amerikanischer Traditionsmusik: Smokestack Lightnin'-Sänger Bernie Batke über musikalische und andere Nischen, mit denen man so Geld verdienen kann

Seit sich Madonna mit Cowboyhut, kariertem Hemd und staubigen Jeans präsentierte, sind diese amerikanischen Accessoires nicht mehr Synonym für Kuhtreiber-Kulturlosigkeit, sondern angesagt. Schon warten Plastikversionen beim Modediscountmarkt auf Asphaltcowgirls und -boys. In Hamburg ist Country, musikalisch gesehen, schon lange kein Schimpfwort mehr. So halten Peta Devlin, Sängerin der Band Cow, und DJ-Kollege Beau Jangles die Zügel des „Get Country & Rhythm Club“ fest in der Hand. Regelmäßig laden sie dazu leidenschaftliche VertreterInnen amerikanischer Sporenmusik ins Knust ein. Außer der Reihe packen jetzt Smokestack Lightnin' in Schwabach bei Nürnberg ihre Sachen für den langen Ritt an die Elbe: Mit Kontrabass, Schlagzeug, Piano und twangigen Gitarren wollen sie den Club in der City für ein paar Stunden in einen wüsten Honkytonk-Hangout verwandeln. Was ihnen gelingen dürfte, denn diese Jungs schleppen ihre Gitarren und die Cowboyhüte nicht erst seit ges-tern. Den Bandnamen liehen sie sich von einem echten Schwergewicht amerikanischer Traditionsmusik: „Howlin Wolf hatte einen Song, der 'Smokestack Lightnin' hieß“, sagt Sänger Bernie Batke. „Er besingt dabei die Blitze und Funken, die Nachts in der Industriestadt Chicago aus den Fabrikschornsteinen schießen“. So könnten im Knust die Funken sprühen, wenn Smokestack Lightnin' ihre partyverdächtigen Versionen diverser Klassiker in die Menge abfeuern.

taz hamburg: Bernie, eure Band Smokestack Lightnin' gibt es seit 1997. Was war vorher?

Bernie Batke: Wir machen fast alle schon seit über zehn Jahren Musik. Mikey an den Drums, Wolfgang an der Gitarre und ich mit Vocals und Kontrabass haben in Nürnberger Rockabilly-Bands angefangen, die hießen damals The Brewsters oder Blue Jays.

Euer Debüt Soulbeat ist im November 2000 erschienen. Wie kam es, dass ihr die Aufnahmen dazu in Antwerpen gemacht habt?

Auf Studiosuche bekam ich von Tjarko Mol aus Utrecht die CD von den Seatsniffers aus Belgien, die außerordentlich gut klang. Also nahm ich Kontakt zu ihrem Produzenten Walter Broes in Antwerpen auf und wir machten 'ne Drei-Tage-Session zum testen. Bereits nach zwei Stunden war klar, dass wir absolut auf der gleichen Wellenlänge lagen und dieser Walter mehr von Rootsmusik verstand als wir alle zusammen.

Wie kommt René van Barneveld von der Crossover-Band Urban Dance Squad auf die Platte?

René ist ebenfalls ein Freund und Kollege von Tjarko Mol aus Utrecht. Und da wir einen Pedal-Steeler brauchten und das Renés neue Herausforderung ist, hatte er bei uns seinen Steel-Einstand in punkto Studioarbeit. Sehr angenehm und hochprofessionell. Er hat erst wenige Monate vor Soulbeat mit Pedal-Steel-Gitarre angefangen, ist aber einfach ein Musikgenius und verrückt genug, mit 45 Jahren anzufangen ein Instrument zu erlernen, das so kompliziert ist!

Live spielt ihr ja auch eigene Songs. Warum sind auf Soulbeat nur Coverversionen?

Zum einen waren unsere eigenen Songs zu der Zeit noch nicht „studioreif“ und zum anderen wollten wir mit unserem Debüt einfach mal ein Statement zu unseren Einflüssen und Roots geben. Einige Songs wie „Ring Of Fire“ oder „Unknown Stuntman“ sind drauf, weil uns viele Fans gebeten haben sie aufzunehmen.

Wie kann man am Main-Donau-Kanal Musik machen, die fast klingt wie aus dem Mississippi Delta?

Kann sein, dass man als Nicht-Amerikaner viel akribischer an die Sache rangeht. Man saugt den Input vielleicht intensiver auf als jemand der sowieso seine ganze Kindheit von Countrymusik und so umgeben ist.

Habt ihr denn da unten saftige Weiden und könnt ihr überhaupt reiten – oder wenigstens melken?

Saftige Weiden gibts in Bayern natürli' scho, Madl! Ich persönlich hab noch nie ein Euter in der Hand gehabt, aber reiten kann ich notgedrungen, weil ich jedes Jahr für etwa zwei Monate in Amerika arbeite und da auch mit Pferden zu tun habe...

...bist du Stunt-Cowboy?

Nein, Travel-Agent und Press-Guide für das Marlboro Abenteuerteam und das schon seit sechs Jahren. Das heißt ich betreue Journalis-ten aus aller Welt, die darüber berichten, und mache abends manchmal ein bisschen Lagerfeuermusik mit den Cowboys.

Interview: Susie Reinhardt

mit Texas Lightning: Sonnabend, 21 Uhr, Knust