ETA HAT WAHLCHANCEN DER BASKISCHEN NATIONALISTEN MINIMIERT
: Mord des Mordes wegen

Wie jedes Mal, wenn die baskische Separatistengruppe ETA zuschlägt, zerbrechen sich Politiker und Journalisten den Kopf über die Frage: Warum gerade jetzt? Welche politische Strategie verfolgen die Kommandos? Diese Fragen stellen sich umso mehr, wenn es sich um den ersten Anschlag nach eineinhalb Monaten handelt und wenn der Mord mitten in den Wahlkampf um das baskische Regionalparlament fällt.

Vor den tödlichen Schüssen auf Manuel Gimenez Abad, einem Politiker der in Madrid regierenden Volkspartei (PP), spekulierten viele über einen erneuten Waffenstillstand. Diese Vermutungen erhielten noch dadurch Nahrung, dass das ETA-nahe Wahlbündnis Euskal Herritarrok (EH) sich durchaus geneigt zeigte, abermals eine Minderheitsregierung der gemäßigten, nationalistischen baskischen Parteien PNV und EA zu unterstützen.

Die Schüsse auf Abad ändern alles. Ein Bündnis aus gemäßigten und radikalen Nationalisten ist in weite Ferne gerückt. Nicht einmal eine noch so weltfremde ETA-Führung kann dies übersehen. PNV und EA können eine Zusammenarbeit nur wenige Tage nach dieser Bluttat selbst ihren treuesten Anhängern nicht schmackhaft machen. Gleichzeitig drohen die Stimmenverluste für den politischen Arm der Separatisten nach dem Anschlag noch schwerer auszufallen, als es die Umfragen sowieso schon vorhersagen. Wenn jemand vom Mord an Gimenez Abad profitiert, dann sind es die spanienweit agierenden Parteien, PP und PSOE, deren Wahlsieg sowieso schon zum Greifen nah ist. Ihnen dürfte die Mobilisierung der Unentschlossenen jetzt leichter fallen als vor dem Anschlag.

Was für eine politische Strategie also verfolgen die Separatisten? Die Frage scheint nur eine logische Antwort zu haben: „ETA mordet, wo und wann immer sie kann, da sie seit jeher die Wahlen und die Demokratie verabscheut hat“, gab der Kandidat der PP und ehemalige spanische Innenminister Jaime Mayor Oreja zum Besten. Die Entwicklung der letzten Jahre bestätigt seine Analyse. ETA hat längst Abschied davon genommen, dass die Politik über die Waffen bestimmt. REINER WANDLER