English for Driveaways

In einem Londoner Bus werden Friedrichshainer Grundschüler in die englische Sprachwelt eingeführt

Der knallrote Doppelstockbus ist voll besetzt. Ein blau uniformierter Schaffner verlangt die Tickets. Hundegebell ist zu hören, doch woher? In der Handtasche der Lady auf der ersten Sitzreihe, orten die weiteren Mitfahrer. Die Dame hoffte, das Busticket für ihren vierbeinigen Begleiter zu sparen.

Schaffner Stuart Hogben steht im wortreichen Dialog mit seinen jungen Passagieren, fragt nach, erläutert – alles auf Englisch. Denn der ausgebildete Schauspieler ist Instruktor im Erlebnisschulbus „O!Kay!“. Der parkt seit zwei Wochen auf dem Hof der Ludwig-Hoffmann-Grundschule in Friedrichshain und soll schon bei Dritt- und Viertklässlern das Schulenglisch auf Touren bringen.

Das rustikale Gefährt rollt auf Initiative zweier Bildungsverbände und eines Münchener Fachverlages durch Berlin. Der Grund: Fremdsprachenkenntnisse scheiden heute die Generationen. James Kennedy vom British Council etwa lernte ab dem zwölften Lebensjahr Deutsch. Zu spät, gestand er – auf Englisch – gestern. Helge Dietrich vom Verband „Bildung und Erziehung“ referierte lieber auf Deutsch. Um die Ohren seines Vorredners „nicht zu beleidigen“, gab er selbstironisch zu. Und Schulsenator Klaus Böger (SPD) meinte treffend: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Grund genug, schon heute möglichst viele Hänschen Englisch zu lehren: in der Hälfte der Grundschulen wird dieses Fach unterrichtet. Bisher freiwillig, ab dem Schuljahr 2002/03 soll es Pflicht werden. Und Böger freut sich: „Endlich haben wir auch die Lehrer dazu!“ 100 zusätzliche Pädagogen werden ab kommendem Schuljahr in den dritten Klassen zwei zusätzliche Wochenstunden unterrichten.

„Situativ in die Sprache einzutauchen“, sei der beste Weg, beschrieb Verleger Günther Brinek das Ziel der Busaktion. Unabhängig von der Schulbildung kämen Kinder heute bereits mit etwa 700 englischen Worten in Berührung. Durch Werbung, durch Umgangssprache, die Musik. Insgesamt drei der 1962/63 gebauten Erlebnisbusse hat sein Verlag auf Deutschland-Tour. Der erste rollte zum Schuljahresbeginn durch Bayern. Ein Nürnberger Unternehmen baute die aus England eingeführten Karossen schultauglich um.

Schaffner Stuart hat den Hund der Lady schließlich gebändigt. Mit vollem Körpereinsatz, im Grunde jedoch problemlos – das Tier besteht aus Plüsch, die ältere Lady ist eine lebensgroße Wachsfigur mit elektronischer Stimme. TILMAN STEFFEN