Vorerst kein Geld

Kanzler Schröder sieht keine Chance für schnelle Auszahlung an Zwangsarbeiter. Eine Änderung des Stiftungsgesetzes lehnt er ab

BERLIN taz ■ Kanzler Gerhard Schröder hat eine Änderung des Stiftungsgesetzes zur Zwangsarbeiterentschädigung abgelehnt. Wer das Gesetz ändern wolle, so Schröder gestern vor einer SPD-Präsidiumssitzung, nehme letztlich große Verzögerungen in Kauf. „Wir werden uns an das Gesetz halten.“

Nach der Abweisung der letzten großen US-Sammelklage gegen deutsche Banken durch die US-Richterin Shirley Kram sieht die Bundesregierung neue Hindernisse für eine rasche Entschädigung. Die Einbeziehung von Ansprüchen an österreichische Banken in das deutsche Stiftungsrecht sorge für neue Unklarheit, so Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. „Dies würde das jetzige Stiftungsgesetz sprengen.“ Es geht um die Frage, wie Vermögensschäden beglichen werden sollen, die Juden nach dem „Anschluss“ Österreichs durch österreichische Banken entstanden sind. Da diese 1938 unter die Kontrolle deutscher Geldinstitute gerieten, hatte die beklagte Bank Austria in einem von Kram ausgehandelten Vergleich alle Ansprüche gegenüber deutschen Banken an die Opfer abgetreten.

Kram hatte die Abweisung an die Bedingung geknüpft, dass der Bundestag noch vor der Sommerpause Rechtssicherheit für deutsche Unternehmen feststellt. Die Stiftungsinitiative der Wirtschaft beharrt jedoch darauf, dass alle „relevanten“ Klagen abgewiesen sein müssten.

Sowohl der Grüne Volker Beck als auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) hatten daher die Möglichkeit ins Spiel gebracht, den Beginn der Zahlungen von der Rechtssicherheit abzukoppeln. Dazu wäre die vom Kanzler abgelehnte Gesetzesänderung notwendig.

Doch selbst Bundestagspräsident Wolfgang Thierse will nicht mehr warten. Der Bundestag solle sich die Freiheit nehmen, das Notwendige zu tun. Doch das Parlament kann erst aktiv werden, wenn der Regierungsbeauftragte Otto Graf Lambsdorff es in einem Brief zu einem solchen Beschluss auffordert. Genau das lehnt Lambsdorff ab. Unter den jetzigen Gegebenheiten sei die Klageabweisung vom Donnerstag wertlos und man müsse das Berufungsverfahren abwarten. Heute beginnt in New York die Berufungsverhandlung über eine frühere Entscheidung Krams, in der sie die Klagabweisung abgelehnt hatte – gegen den Willen der Opferanwälte. NM