Straßenglaubwürdigkeit!

Rockt Berlin Deutsch? Wie Berliner HipHop-Veranstalter auf den Leitkultur-Zug springen

„BRD“ steht fett auf dem Flyer. Darunter, kleiner gedruckt: „Berlin Rockt Deutsch“. Eine Veranstaltung der Jungen Union, die per Aufkleber schon mal forderte, Deutschland müsse in Kreuzberg wieder deutlicher sichtbar werden? Nein, sondern eine Ankündigung für „Berlins einzige Deutsch-HipHop-Party“ im Matrix, einer Großraumdiscothek in Friedrichshain. Rapper wie MC Rene, Membrain, Marius Nr. 1 und andere wollen dort heute Abend das Haus rocken.

Auf Deutsch, ausdrücklich. Nicht, dass die Berliner HipHop-Szene durch besondere Weltoffenheit auffallen würde. Zumindest aber stand ihre Vielfalt bislang nie in Frage. Und was heißt eigentlich „Realness“ im kernigen Rapdeutsch?

Was immer die Intention der Veranstalter war – verwunderlich ist schon ihre Gedankenlosigkeit, die an vergleichbare Fälle erinnert: Vor zehn Jahre etwa erschien, ganz in Schwarzrotgold gehalten, die CD „Krauts With Attitude“, eine Leistungsschau einheimischer HipHop-Formationen. Damit meinte man, wie dem Booklet zu entnehmen war, einer imaginären Hegemonie von „Blackies“ etwas entgegensetzen zu müssen. Damals war Hoyerswerda. Heute sind Debatten um Leitkultur und Pflichtkurse in Deutsch aktuell. Eine Szene, die so stolz auf ihre Straßenglaubwürdigkeit ist, sollte wissen, dass zu ihren Wurzeln soziales Bewusstsein und Vielfalt zählen. KARSTEN KREDEL