G wie gehaltloses Geplänkel

■ Rosarote Popliteratur: Elke Naters liest heute aus „G.L.A.M.“

Nach ihrem Roman-Debüt Königinnen 1998 und dem anschließenden Lügen hat Elke Naters jetzt ihre Schmier- und Einkaufszettel veröffentlicht. Ein Tage-, Reise-, Skizzen-, Bilder- und Blätterbuch soll das neuste und dritte Buch der Pop-Literatin sein, namentlich G.L.A.M. Um dessen Geplänkel einen tieferen Sinn zu geben, zitiert Elke Naters Roland Barthes herbei. Mode ist zu einer „reinen Form“ geworden und wird in „diesem Sinne zu Literatur“ erklärt. Als wäre das noch nicht genug abgepauste Sinn-Verzerrung, fügt sie hinzu: „Die Form ist der Inhalt, sagt T. Bernhard.“ Resümierend stellt die Autorin fest, dass die richtige Form den Inhalt bedingt und jegliches Nachdenken über letzteren die SchriftstellerInnen als VerliererInnen ausweist.

Dass sich Naters keinerlei Gedanken über den Inhalt ihres durchgestylten Buches gemacht hat, ist dem Werk entsprechend schnell bemerkt. Für eine Modereflexion mit dem Titel „bikini“ greift die Autorin in die Eichentruhe und zieht heraus: ihren ersten Bikini. Gelb mit weißen Streifen. Durfte nicht getragen werden, Mutter verbot es. Eine formvollendete leere Zeile trennt diese Erinnerung vom Heute: „Es gibt einen Bikini von Burberry. Von Kate Moss auf der Anzeige getragen; knapp, klassisch dreieckig. Aus dem Karostoff, den man so gut kennt von: Regenmänteln, Regenhüten, Regenschirmen. Nass wird ein Bikini ja auch.“ Der Bikini ist ausverkauft. Nicht mehr zu haben. Die Lösung: „Einen Regenmantel kaufen, das Futter heraustrennen und einen Bikini daraus nähen lassen.“ Das ist also der Stoff, aus dem die Form ist, dessen Inhalt sich von selbst schreibt.

In allen in G.L.A.M. versammelten Kurztexten drückt sich das völlige Fehlen eines Anliegens aus. Es gibt nichts, was Naters sagen möchte; es gibt nichts, worüber sie sich beschweren möchte – außer natürlich über die marktstrategische Entscheidung Burberrys, ihre Bademoden zu verknappen. Betrachtungen außerhalb des Warenhauses bleiben auf dem gleichen unreflektierten Niveau. Unter der Überschrift „pubertät“ schreibt Naters: „Da sollte man einen Film daraus machen, wie aus einem verwahrlosten, aber doch kecken kleinen Mädchen eine fette dralle asoziale Fotze wird. Durch die Pubertät. Unfassbar ekelhaft. Einen Film darüber, was die Pubertät mit kecken kleinen Mädchen macht. Da gab es doch einmal den Spiegelartikel darüber, dass die Mädchen in der Pubertät ihr Selbstbewusstsein verlieren. Das sollte man untersuchen. Was da dran ist.“ Beobachtungsgabe fehlt der Autorin mithin genauso wie die gesellschaftliche Einordnung des Gesehenen und die pointierte Beschreibung dessen. Fragt sich, was bleibt. Gelegenheit, dies mit Elke Naters persönlich zu erörtern, gibt es nach ihrer Lesung.

Lisa Scheide

heute, 20 Uhr, Mojo