Saubere Methode

Über alte Töpferei wusste niemand besser Bescheid: Die Ausstellung „Agatha Christie und der Orient“

Sie reiste am liebsten mit dem luxuriösen Orientexpress, schreckte aber auch vor keinem klapprigen Wüstenbus zurück. Sie ließ lieber ihr eigenes Gesicht austrocknen als die antiken elfenbeinernen Grabungsfunde, die sie mit ihrer Creme reinigte. „Agatha Christie und der Orient. Kriminalistik und Archäologie“ heißt eine Ausstellung des Vorderasiatischen Museums Berlin im Kulturforum am Potsdamer Platz, und sie zeigt uns die berühmte Krimiautorin als eine Frau, die sich mit Haut und Haaren auf die Arbeit einließ.

Im Herbst 1928 reiste Agatha Christie erstmals in Richtung Damaskus. Zwei Jahre später lernte sie bei britischen Ausgrabungen in Abrahams Heimatstadt Ur den 14 Jahre jüngeren Archäologen Max Mallowan kennen. Noch im gleichen Jahr heirateten die beiden und blieben 46 Jahre lang glücklich. Christie hatte sich nämlich in den Beruf ihres Mannes gleich mit verliebt und betätigte sich fortan an seiner Seite professionell als Archäologin.

Auf der Sonderausstellung im Kulturforum kommen über 200 Funde von den Ausgrabungen des Ehepaares Malolowan/Christie in Ur, Ninive und anderen Orten aus dem British Museum in London. Eine besondere Abteilung ist dem Reisen in den 30er- und 50er-Jahren gewidmet. Hier wurde unter anderem ein Abteil des Orientexpress in Originalgröße rekonstruiert. Die so er- fahrenen Orte liehen ihr Kolorit einer ganzen Reihe von Büchern der Schriftstellerin, unter anderem „Mord im Orientexpress“ oder „Tod auf dem Nil“. Die Ausstellung präsentiert auch Originalkostüme und Kulissen von den Verfilmungen dieser beiden Kriminalromane.

Genau wie Detektive machen Archäologen anhand von Indizien die Vergangenheit lebendig. Und noch etwas ist beiden Berufen gemeinsam: In der Konfrontation mit dem Tod binden sie die aufkommenden düsteren Emotionen durch das, was Christies Gestalt Hercule Poirot eine „saubere Methode“ nennt. Um die Grabungsfunde besser dokumentieren zu können, machte Agatha Christie eine Ausbildung als Fotografin. Viele ihrer Fotos und zwei von ihr gedrehte Schmalfilme werden im Kulturforum erstmals gezeigt. „Wie habe ich diesen Teil der Welt geliebt“, schwärmte Christie noch kurz vor ihrem Tode über den Nahen Osten.

Die Wertschätzung ihres Mannes für sie speiste sich allerdings aus anderen Quellen. Einmal sagte er zu ihr: „Ist dir eigentlich klar, dass es in ganz England kaum eine Frau gibt, die so viel über prähistorische Töpferei weiß?“ BARBARA KERNECK

Bis 30. 9. 2001, Kulturforum Potsdamer Platz. Das Buch zur Ausstellung erscheint im Scherz Verlag und kostet 39,90 DM.