Wind-Investment für Bürger

In Dänemark sollen in den nächsten 30 Jahren Windkraftanlagen mit 4.000 Megawatt ins Meer gebaut werden. Der dänische Betreiberverband verhandelt über eine Bürgerbeteiligung

von NICOLE PAUL

Das dänische Umwelt- und Energieministerium will bis 2030 insgesamt 4.000 Megawatt (MW) Windkraftleistung in den Küstengewässern des Landes errichten lassen. Zusammen mit rund 1.500 MW an Land soll die Windkraft dann rund 50 Prozent des dänischen Strombedarfs decken. Fünf so genannte Offshore-Windparkstandorte für die ersten 750 MW sind bereits beschlossen.

Gebaut werden sollen sie, so will es die Regierung, von den beiden dänischen Energieversorgern Elsam und E2. Für den Park Horns Rev, der als Erstes verwirklicht wird, wurden bereits die Lieferverträge über 80 Anlagen mit je 2 Megawatt Leistung bei Vestas unterschrieben. Als Fundamenthersteller wurde die Firma Hojgaard&Schulz verpflichtet, die kürzlich mit dem Bauunternehmen Monberg&Thorsen fusioniert hat. Monberg&Thorsen hatte bereits die Fundamente für den Offshorestandort Middelgrunden geliefert (wir berichteten). Baubeginn in Horns Rev, dem ersten Offshorepark vor der Westküste Jütlands, soll im Frühjahr sein.

Seit der Liberalisierung des dänischen Energiemarkts sind die beiden ehemals staatlichen Unternehmen Elsam und E2 private Aktiengesellschaften, deren Wertpapiere jedoch zu 100 Prozent einigen Kommunen gehören. Dem dänischen Windkraftbetreiberverband ist diese Form der Beteiligung der Bevölkerung an dem Offshoreausbau zu indirekt. Die Windkraftnutzung an Land, die im vergangenen Jahr bereits zu mehr als 14 Prozent zur dänischen Stromerzeugung beitrug, wurde von Beginn an durch ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung ermöglicht.

Der Betreiberverband „Danmarks Vindmølleforening“ verhandelt deshalb mit den Kraftwerksgesellschaften und der Regierung über eine Beteiligung an der Entwicklung und der Finanzierung der künftigen Offshoreprojekte. Konkret sollen lokale Umweltgruppen zusammen mit dem Vindmølleforening und den ortsansässigen Umwelt- und Energiebüros nach dem Vorbild des Offshore-Bürgerwindparks Middelgrunden in Kopenhagen offene Arbeitsgruppen bilden, die an der Projektentwicklung in allen Phasen mitwirken. In Middelgrunden gehören 10 der insgesamt 20 Anlagen über 8.500 Anlegern aus der Region.

Die Umwelt- und Energiebüros sind eine halbstaatliche Einrichtung, die in Dänemark insgesamt 22-mal vertreten ist. Das Kopenhagener Umwelt- und Energiebüro hatte in Middelgrunden eine zentrale Rolle gespielt.

Nach den Plänen des Vindmølleforenings sollen in den geplanten Offshorewindparks insgesamt 175 MW reserviert werden, die als Bürgerbeteiligungsanlagen finanziert werden. Bei den beiden ersten Projekten Horns Rev und Rødsand betrifft dies zwei beziehungsweise fünf bis acht Turbinen, in den späteren drei Projekten mit insgesamt 450 MW soll es dann weitere Bürgerwindkraftanlagen geben.

Laut Hans Christian Sørensen, Vorstandsmitglied des Vindmølleforenings und mit dem Beratungsbüro EMU eine weitere zentrale Figur von Middelgrunden, sind Elsam und E2 bereit, auf die Forderungen des Verbandes einzugehen. „Das ist ein historisches Ergebnis“, freut sich Sørensen. „Erstmals könnte es zu einer Zusammenarbeit zwischen den Energiekonzernen, den privaten Windkraftbetreibern und Umweltgruppen kommen.“

Die Kraftwerksgesellschaften erhoffen sich von einer solchen Kooperation eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung für den sehr umfangreichen geplanten Ausbau der Windkraft dicht vor den dänischen Küsten. Zustimmen muss nun nur noch die Regierung. Wann und ob das passiert, sei allerdings noch nicht abzusehen, so Sørensen. Die Regierungsparteien der sozialdemokratisch-sozialliberalen Koalition befürworten zwar im Prinzip das Vorhaben. In einer energiepolitischen Arbeitsgruppe hat sich die Regierung jedoch mit den Oppositionsparteien darauf verständigt, die Energiepolitik der nächsten Jahre gemeinsam abzustimmen. Konservative und Liberale müssen die Offshore-Bürgerbeteiligung also auch noch gutheißen. Bislang stehen sie den Plänen jedoch eher ablehnend gegenüber.

Unklar ist auch die Frage der Vergütung. Aufgrund der Liberalisierung des Energiesektors soll es in Dänemark künftig ein Quotenmodell für Strom aus erneuerbaren Energien geben, bei dem die Quote durch den Kauf von Zertifikaten für grünen Strom erfüllt werden kann. Windstrom wird wie Strom aus anderen erneuerbaren Energiequellen durch den Verkauf dieser grünen Zertifikate vergütet, deren Preis sich auf einem freien Zertifikatsmarkt bilden soll. Eine Übergangsregelung, die für zehn Jahre eine feste Vergütung von 43 bis 45 Öre pro Kilowattstunde garantiert, wurde bislang nur für die Offshoreprojekte Horns Rev, Rødsand und Samsø vereinbart. Da in Dänemark insgesamt noch viel Unklarheit über die Praxis des Zertifikatshandels herrscht, ist die Vergütung des Offshorewindstroms aus allen anderen Projekten bislang unsicher.

Sollte die Bürgerbeteiligung an der Offshorewindkraft Wirklichkeit werden, kann das kleine Land zwischen Nord- und Ostsee das bisher erfolgreiche Rezept weiterverfolgen: Durch lokales Engagement und wirtschaftliche Beteiligung der Menschen vor Ort wurde Dänemark das erste Land, in dem die Windkraft einen bedeutenden Anteil zur Stromproduktion beiträgt bei gleichzeitig hoher Akzeptanz.

Middelgrunden hat bereits gezeigt, dass es entgegen einer häufig vertretenen Meinung möglich ist, auch finanziell voluminöse Projekte mit Bürgerbeteiligung zu verwirklichen. Dazu beigetragen haben zwar auch das großstädtische Umfeld des Windparks vor Kopenhagen und ehrenamtliche Arbeit. Doch mit dem inzwischen gewonnenen Erfahrungsschatz lassen sich auch weitere Projekte außerhalb der Hauptstadt realisieren.