Belfast brennt

In Nordirlands Hauptstadt liefern sich militante Protestanten und Katholiken Straßenschlachten

BELFAST afp ■ In Nordirland ist die Gewalt in der Nacht zu gestern weiter ausgeufert. Bei Straßenschlachten zwischen Katholiken und Protestanten wurden nach Polizeiangaben in Belfast mindestens 20 Polizisten verletzt. In der zweiten Nacht in Folge warfen rivalisierende Einwohner Molotowcocktails, Feuerwerkskörper, Steine und Flaschen auf Polizisten und britische Soldaten, als diese versuchten, die Gegner zu trennen. Die Royal Ulster Constabulary (RUC) bereitete sich auf weitere Straßenkämpfe vor.

Im Norden Belfasts schossen protestantische Paramilitärs laut Polizei mit automatischen Waffen auf die Sicherheitskräfte. Dabei sei aber niemand getroffen worden. Die Polizei errichtete Straßensperren aus Panzerfahrzeugen, um eine direkte Konfrontation von Katholiken und Protestanten zu verhindern. Einige Autos seien beschädigt und eine katholische Schule in Brand gesteckt worden. Nach der Explosion von zwei Bomben evakuierte die Polizei in der Nacht mehrere Wohnungen. Weitere Bombendrohungen versetzten die Beamten in erhöhte Alarmbereitschaft. Ein hoher RUC-Beamter machte protestantische Paramilitärs für die Gewalt verantwortlich. Die nordirische Sicherheitsministerin Jane Kennedy forderte nach einem Treffen mit Vertretern katholischer und protestantischer Einwohner Belfasts erneut zur Ruhe auf.

Trotz der zweiten Nacht der Gewalt trafen sich gestern früh der britische Nordirland-Minister John Reid, der irische Außenminister Brian Cowen und Vertreter der größten nordirischen Parteien. In Hillsborough Castle in der Nähe von Belfast versuchten sie erneut, die seit Monaten stockenden Gespräche wieder in Gang zu bringen. Dabei sollte es vorrangig um die Entwaffnung der Untergrundorganisation IRA, die Demilitarisierung Nordirlands und die Polizeireform in der Provinz gehen. Reid sagte, die jetzt wieder aufflammende Gewalt sei eine „Mahnung an das, was in diesem Friedensprozess auf dem Spiel steht“.

Bei einem Besuch in Washington sagte der Chef der IRA-nahen Sinn Féin, Gerry Adams, er sehe den Friedensprozess in Nordirland wegen der neuen Unruhen nicht in Gefahr. Auch gehe er nicht davon aus, dass der Chef der katholisch-protestantischen Provinzregierung, David Trimble, seine Rücktrittsdrohung zum 1. Juli wahr mache. Trimble forderte, die Irisch-Republikanische Armee müsse noch vor Monatsende mit ihrer Waffenabgabe beginnen. Falls Trimble doch zurücktritt, würde dies jedoch einen langfristigen Waffenstillstand in Gefahr bringen und sich als Belastungsprobe für die Provinzregierung erweisen.