Der Workaholic als Pannenhelfer

Der Pragmatiker Robert Swan Mueller soll neuer Chef der krisengeschüttelten US-Bundespolizei FBI werden

Er ist einer dieser Leute, die dadurch unangenehm auffallen, dass sie morgens in aller Herrgottsfrühe das Büro betreten, abends einfach nicht nach Hause gehen und überall ungefragt verkünden, wie sehr sie ihre Arbeit lieben. Robert Swan Mueller, nach dem Willen des US-Präsidenten George W. Bush neuer Chef der US-Bundespolizei FBI, hat in seiner bisherigen Karriere vor allem durch Fleiß, Effizienz und Loyalität von sich reden gemacht.

Der 56-Jährige, der in der vergangenen Woche offiziell nominiert wurde, gilt daher als sichere Bank für den US-Präsidenten – jemand, der den Job macht, ohne dabei unangenehm aufzufallen. Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger: Louis J. Freeh, 1993 von Präsident Clinton auf den Posten gehoben, fiel schon bald in Ungnade – nicht nur weil er sich weigerte, stets hinter Justizministerin Janet Reno zurückzutreten, sondern vor allem, weil er dezidiert die Untersuchungen des Sonderermittlers Kenneth Starr unterstützte, der in Sachen Whitewater und Lewinsky gegen Clinton ermittelte.

Solch Ungemach sollte George W. Bush nicht drohen. Wenn Mueller vom Senat bestätigt wird – und bislang spricht nichts dagegen –, dann steht er für zehn Jahre an der Spitze der US-Bundesbehörde, hat 30.000 Angestellte unter sich und einen Jahresetat von 3,4 Milliarden US-Dollar. Der Job krönt die Karriere des gelernten Juristen, von dem aus den letzten zehn Jahren ein einziger Gefühlsausbruch kolportiert wird: Als das FBI 1992 in den Bergen von Ruby Ridge den schwerstbewaffneten weißen Separatisten Randy Weaver belagerte und beim Schusswechsel schließlich dessen Frau und Sohn ums Leben kamen, zeigte sich Mueller, damals Leiter der Abteilung Kriminalitätsbekämpfung im Justizministerium, ausgesprochen verärgert über die Kritik, die von überall her auf das FBI einprasselte.

Seine von allen Seiten bestätigte Fachkompetenz, so hofft Bush, wird dem Republikaner Mueller im demokratisch dominierten Senat Unterstützung einbringen. Die wird er brauchen, denn der Erwartungsdruck ist groß, vom neuen Mann werden Reformen erwartet. Zwar hat das kokette, Clinton-kritische Auftreten seines Vorgängers dazu geführt, dass das FBI im bis vor kurzem republikanisch kontrollierten Kongress mehr Freunde hatte als in der Regierung und seinen Etat ständig steigern konnte. Doch die Kritik an der Führung wurde immer lauter: Die Enttarnung und Verhaftung eines hohen FBI-Beamten, der viele Jahre für Moskau spioniert hatte, und der Fall des Oklahoma-Bombers Timothy McVeigh, dessen Hinrichtung verschoben werden musste, weil das FBI Akten nicht übergeben hatte, waren nur die jüngsten Pannen. Dass FBI-Chef Freeh zwei Jahre vor Ende seiner Amtszeit den Hut nimmt, stört da so richtig niemanden.

So betonen viele Regierungsoffizielle die Managementqualitäten des Neuen und seine strikt pragmatische Art – die habe er zum Beispiel unter Beweis gestellt, als er in seinem Job im Justizministerium so viele Frauen in Führungspositionen einstellte wie nie jemand zuvor. Eine damalige Abteilungsleiterin beschreibt das so: „Er hatte halt nicht dieses übliche Alte-Jugendfreunde-Netzwerk um sich herum, so war er offen für Frauen und für jeden sonst, der für den Job gut war.“ Pragmatische Workaholics haben für manche auch ihr Gutes. BERND PICKERT