Nicht klapprig, aber kregel

■ 50 Seniorenberater helfen der Polizei beim Wachschutz, als Schülerlotsen und beim Verkehrsunterricht/ Der scheidende Innensenator Schulte findet das toll

So ein brisantes redaktionelles Umfeld hat Bernt Schulte noch neie gehabt: "Depression, Thrombose und Sex im Altersheim“ titelt die neue „Rostfrei“, Bremens innovativste Senioren-Postille. Und wer schreibt das Grußwort in „Rostfrei“? Der Innensenator, mit 59 Lenzen quasi noch ein Jungspund. Aber Bernt Schulte (CDU), noch zwei Tage im Amt, hat ein Herz für die Senioren der Stadt, besonders weil auf Seite drei von „Rostfrei“ (Auflage: 20.000 Hefte) auf die neuen „Seniorenberater“ hingewiesen wird, die seit Anfang des Jahres in Bremen den Kops helfen, den Kontaktbereichspolizisten. Einerseits, so Schulte, sei die Geschichte über „Sex im Altersheim“, ja auch „keine Aufforderung an unsere Beamte, sich mit Seniorinnen zu vergnügen.“ Andererseits war die gestrige „Rostfrei“-Aktion eine gute Gelegenheit, um auf ein Bremer Problem aufmerksam zu machen.

Weil die Zahl der schweren Senioren-Unfälle in der Hauptstadt im vergangenen Jahr um 34 Prozent auf 1.600 stieg, lassen sich seit Januar rüstige Rentner zu Kops-„Beratern“ schulen. Die sind nicht klapprig, sondern kregel, sollen bald als Schülerlotsen aktiv werden und bewachen schon Altersheime. Um den Alten in der Not beizustehen, hat inzwischen jedes Polizeirevier zwei bis drei Seniorenberater an seiner Seite. 51 Hilfssherrifs haben sich schon in Brandschutz, Selbstverteidigung, Rhetorik und Didaktik ausbilden lassen – ehrenamtlich, für kein Geld. Chapeau!

So pirschen inzwischen drei Objektschützer im Alter von 61 bis 75 durch ein Osterholzer Altenheim, damit Jugendliche nicht randalieren. "Da gibt es so ein Zimmer, da sitzen die mit Fernglas, Fotoapparat und Videokamera“, sagt Seniorenvertreter Fritz Bauchwitz. Seitdem haben die Jugendlichen nichts mehr zu lachen. „Jetzt ist da Ruhe. Wir haben schon zwei Mal die Polizei alarmiert, weil sich Kids gegenüber auf dem Dach rumgetrieben“, meint Bauchwitz stolz. Am Remberti-Stift in der Innenstadt sammelten die Alt-Sherrifs „jeden zweiten Tag“ Heimbewohner auf, die sich verlaufen hatten.

Das alles findet Senator Schulte „ganz toll“, hat aber irgendwie doch Angst um seine Rentner-Polizei. Fast noch besser findet er es deshalb, wenn die Seniorenberater Verkehrsunterricht im Altenheim machen: Logisch, das sei „eine tolle Sache, wenn die Leute tuckelig werden.“

Im Verkehr sind die Bremer Senioren häufig Opfer und Unfall-Verursacher zugleich. Greise auf dem Fahrrad, Greise auf dem Gaspedal und Greise auf dem Zebrastreifen - zitternde Zeitbomben auf unseren Wegen, könnten Jüngere da unverschämterweise denken.

Wegen kurzer Grünphasen bleiben sie oft mitten auf der Straße stehen oder rennen gar ganz ohne Ampel über den Asphalt. „Die Schutzpolizei hat sich dieses Jahr zwei Schwerpunkt-Aufgaben gesetzt“, sagt ein Beamter. „Die Diskounfälle bei den 18- bis 25-Jährigen und dann eben die Senioren.“

ksc