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„Nur die Landwirte klagen übers Wetter“

taz: Sie sind gebürtiger Ulsenheimer, wissen also, was Sie an Ihrem Dorf haben. Was schätzen denn Ihre Übernachtungsgäste an Ulsenheim?

Friedrich Endreß: Erstens die Ruhe. Es gibt bei uns keine großen Straßen, keine Autobahn, dafür aber eine ursprüngliche Natur, erholsame Laubwälder und einen nicht ausufernden Tourismus. Dann das trockene, sonnige fränkische Wetter, darüber klagen die Landwirte, das erfreut jedoch die Urlauber. Hinzu kommt die angenehme dörfliche Atmosphäre. Ulsenheim ist noch sehr landwirtschaftlich geprägt, Schweinezucht und -mast, Milchwirtschaft und Zuckerrübenanbau . . .

. . . die allermeisten Touristen interessieren Schweine- und Kuhställe herzlich wenig.

Nein, aber vielleicht unsere sehr gute Gastronomie und die Anbindung an die Wander- und Fahrradwege der Bocksbeutelstraße. Die schöne Landschaft ist unser großes Plus. Wälder und Felder sind, obwohl sie intensiv genutzt werden, sehr attraktiv. Wir müssen uns bemühen, dass sich Landwirtschaft und Tourismus nicht gegenseitig im Wege stehen, sondern nebeneinander gut gedeihen können. Darin liegt unsere Zukunft.

Andere Dörfer sind vom Aussterben bedroht, die Jugend zieht es in die Städte. In Ulsenheim ist das anders. Warum?

Wir haben mit der Landwirtschaft noch ein Standbein, das zum Leben reicht. Dazu kommen einige Gewerbe- und Handwerksbetriebe. Was uns fehlt, sind allerdings Arbeitsplätze für Höherqualifizierte. Die gibt es dann in Würzburg oder Nürnberg.

Ein wichtiger Faktor für Jugendliche ist unser „Musikverein Zeitvertreib“. Der übt durch seine musikalische Qualität und seine Aktivitäten im Ausland eine große Anziehungskraft auf die Jugend aus.

Ist das Dorf Ulsenheim intakt?

Auf jeden Fall. Bei der Dorferneuerung und der Flurbereinigung ist viel getan worden, und auch die Gemeinde hat ihre Pflichten – zum Beispiel was Kanalisation und Kläranlage angeht – erfüllt. Gestärkt werden müssen jetzt das Handwerk und der Fremdenverkehr.

Dazu wurde ja die Mittelfränkische Bocksbeutelstraße ins Leben gerufen. Ein erfolgreiches Marketinginstrument?

Ja, die vor etwa zehn Jahren gegründete Werbegemeinschaft wirbt mit Erfolg um den Urlauber und den Weinfreund. Unser „Ulsenheimer Huttenberg“ wird wegen seiner erdigen, herben Note bei Kennern immer beliebter. Gott sei Dank.

INTERVIEW: BERND SIEGLER

Friedrich Endreß (51) ist 3. zuständiger Bürgermeister für Ulsenheim