Euro-Hausaufgaben machen

Verbraucherschützer und Handel: Politische Vorgaben für Euro-Einführung fehlen. Kritisiert werden vor allem die Banken. Infokampagne von Regierung gefordert

BERLIN taz ■ Knapp fünf Monate vor der Einführung des Euro-Bargelds haben Einzelhandel und Verbraucherverbände massive Kritik an Bundesregierung und Banken geübt. Die ansteigende Ablehnung der Bevölkerung gegenüber der neuen Währung sei alarmierend und werde von dem undurchsichtigen Handeln der Banken und dem Fehlen von Vorgaben der Politik genährt. Der Hauptverband des Einzelhandels (HDE) und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) forderten deswegen gestern eine massive Informationskampagne der Regierung zum Euro.

Das große Problem, so vzbv-Vorstand Edda Müller, sei die Tatsache, dass sich die Menschen mit ihren Fragen und Ängsten allein gelassen fühlten. Die aktuelle Imagekampagne für den Euro sei gar kontraproduktiv: Sie vermittle nur die weitgehend substanzlose Botschaft „Mit dem Euro wird alles gut“. „Wer klare Antworten auf klare Fragen erwartet“, meint Müller, „sieht sich stattdessen mit Plattitüden konfrontiert und fühlt sich nicht ernst genommen.“ Das sinnvolle Infoprogramm der Bundesregierung im Internet (www.aktion-euro.de) sei dagegen kaum bekannt.

Doch auch die Banken seien mit ihrer „verbraucherfeindlichen Grundhaltung“ für die schlechte Meinung über die neue Währung mitverantwortlich: Jedes Institut verfahre nach Belieben mit den praktischen Fragen der Euro-Einführung. Manche Banken würden DM-Bargeld selbst für eigene Kunden nur begrenzt umtauschen, von der halben Million Menschen, die überhaupt kein Konto haben, oder den Kunden von Internetbanken ganz zu schweigen. Ebenso sind die hohen Gebühren für Überweisungen ins Euro-Ausland und den Umtausch anderer nationaler Währungen der Euro-Länder der Verbraucherschützerin ein Dorn im Auge.

Prügel für die Kreditinstitute teilte auch Holger Wenzel, Hauptgeschäftsführer des HDE, aus: Vor allem die privaten Großbanken versuchten, sich ihren gesellschaftlichen Aufgaben so weit wie möglich zu entziehen und die Kosten der Euro-Umstellung auf andere, vor allem auf den Einzelhandel, abzuwälzen. Die diskutierten oder bereits beschlossenen Beschränkungen und Gebühren für den Bargeldumtausch seien eine reine Abwehrstrategie. Der Handel solle so zur „Wechselstube der Nation“ gemacht werden.

Wenzel kritisierte, die Banken hätten insbesondere mittlere und kleine Betriebe bei den Euro-Planungen im Regen stehen lassen. Der Einzelhandel dagegen sei sich „seiner Verantwortung im Zusammenhang mit der Euro-Einführung bewusst“, betonte Wenzel. „Die Verpflichtung, nicht zum Stichtag die Preise zu erhöhen, werden wir selbstverständlich einhalten.“ Kein Kunststück: Die können ja übers ganze Jahr angehoben werden. MATTHIAS SPITTMANN