Logische Konsequenz

Konjunkturexperte Scheide: Dem US-Zinstief folgt das Euro-Hoch

taz: Herr Scheide, der Euro ist im Aufwind. Endlich der Durchbruch für die Gemeinschaftswährung?

Joachim Scheide: Schwer zu sagen. Wechselkursprognosen haben sich in der Vergangenheit fast immer als falsch erwiesen. Es wäre aber ein sehr schlechtes Zeichen für den Euro, wenn er jetzt nicht steigt. Wichtige Bedingungen haben sich verändert, zum Beispiel wurden die Zinsen in den USA drastisch gesenkt. Damit hat sich die Zinsdifferenz zu Gunsten des Euros verbessert. Der aktuelle Kursgewinn ist die logische Folge.

Der schwache Euro hat unseren Export in die Höhe schnellen lassen. Bremst das Euro-Hoch nun diese Entwicklung?

Wechselkursänderungen haben immer zwei Seiten. Ich warne davor, zu sagen, dass ein schwacher Euro ein Segen für die Volkswirtschaft ist und eine starke Währung ein Fluch. Sicher hat der schwache Euro wesentlich zum Exportboom beigetragen. Dieser Boom geht jetzt aber ohnehin zu Ende, weil die Auslandskonjunktur nicht mehr so gut läuft. Eine Schwäche des Exports erwarte ich allerdings nicht. Der schwache Euro hatte für Europa erhebliche Nachteile: Die Importe, vor allem aus dem Dollar-Raum, wurden stark verteuert. Das hat jeder an der Tankstelle gemerkt.

Europäische Waren werden in den USA nun aber teurer.

Zwei Drittel der Exporte gehen in den europäischen Raum, die sind vom Anstieg des Euros nicht betroffen. Die Exporte in die USA werden ein wenig erschwert, allerdings haben die Unternehmen auf Dauer nicht mit einem so niedrigen Wechselkurs gerechnet. Insofern ist das kein schlechtes Zeichen.

Alles wendet sich zum Besseren?

Das lässt sich noch nicht sagen. Der Euro ist im Moment immer noch ungefährt 25 Prozent von seinem Ausgabewert Anfang 1999 entfernt. Einen Grund zum Jubeln haben wir deshalb noch nicht.

Wird der Euro die Dollarparität erreichen?

Das kann durchaus sein. Aber auch das wäre kein Zeichen fundamentaler Stärke, denn der Kurs würde immer noch 20 Prozent unter Ausgangsniveau liegen. Die mittelfristigen Wachstumsaussichten der USA schätze ich besser ein als die für Europa. Ich erwarte deshalb nicht, dass der Euro dauerhaft stark wird.

Der Euro hechelt also weiter der amerikanischen Entwicklung hinterher.

Die fundamentale Stärke der USA steht hinter dem Dollar. Es geht nicht um die aktuelle Konjunktur. Mittelfristig haben die Amerikaner einfach einen Vorteil gegenüber Europa. Dieser Vorteil könnte dadurch verschwinden, dass die USA große Fehler in ihrer Wirtschaftspolitik machen. Damit ist nicht zu rechnen. Besser wäre es natürlich, wenn in Europa etwas passiert. Viele Dinge sind auf den Weg gebracht worden, um das Wachstum zu stärken; es ist aber noch viel zu tun.

Hat der starke Euro Konsequenzen für die USA?

Wenn, dann sind sie sehr begrenzt. Für massive Änderungen in Europa oder den USA reicht der Kursgewinn nicht aus. Für die USA ist aber wohl die Zeit vorbei, in der sie so billig importieren konnten. Allerdings ist der Euro für sie nicht allein entscheidend.

INTERVIEW: CONSTANTIN VOGT