„Die PDS ist eine Tüte Haribo“

Die Stasiaktenbeauftragte Marianne Birthler warnt im taz-Gespräch vor Koalitionen mit der PDS. Sie plant keinen Rücktritt, falls sich im Streit um Aktenherausgabe Schily und Kohl durchsetzen

BERLIN taz ■ Die Leiterin der Stasiunterlagenbehörde, Marianne Birthler, hat SPD und Grüne in Berlin vor einer Koalition mit der PDS gewarnt. Sie wolle nicht, „dass unser Gemeinwesen durch stasibelastete Personen repräsentiert wird“, sagte sie im Gespräch mit der taz. Die Behauptung, mit einer Regierungsbeteiligung der PDS werde ein Beitrag zur inneren Einheit geleistet, nannte Birthler „absurd und eine Beleidigung für viele Ostdeutsche“. Mehr als 80 Prozent der Ostdeutschen wählten die PDS nicht, sagte sie zur Begründung.

Die PDS sei ideologisch „wie eine Tüte Haribo. Da ist für jeden etwas drin“, sagte Birthler der taz. Es gebe nicht nur „frische, tatkräftige PDS-Mitglieder“, sondern „viele alte Kader“. Diese empfänden die Zeit seit der deutschen Einheit als „Skandal, weil man sie so lange von der Macht fern gehalten hat“, sagte Birthler, deren Grünen-Mitgliedschaft derzeit ruht.

Birthler lehnte für den Fall, dass sich Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Konflikt um die Stasiakten von Exbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) durchsetzt, einen Rücktritt ab. Der Streit dreht sich um die Verfügbarkeit von Informationen über Personen der Zeitgeschichte, die von der Stasi bespitzelt wurden. Schily und Kohl argumentieren, die freie Verfügbarkeit dieser Informationen verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Darin hat ihnen zuletzt das Berliner Verwaltungsgericht Recht gegeben. Marianne Birthler will hingegen an der elfjährigen Praxis ihrer Behörde festhalten und die Akten weiterhin herausgeben.

Birthler sagte auch, dass bei der von ihr angestrebten Änderung des Stasiunterlagengesetzes auch ein für sie ungünstiges Ergebnis stehen könne. Sie fände es aber „sehr bedauerlich, wenn gerade eine rot-grüne Bundesregierung den Aktenzugang einschränken würde“. Die persönliche Akteneinsicht wäre aber in keinem Fall berührt. „Wir bekommen immer noch monatlich 10.000 Anträge“, sagte sie. Birthler rechnet nach dem Kohl-Urteil nun mit Klagen ehemaliger DDR-Funktionsträger gegen eine Akteneinsicht Dritter.

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