Eins ist sicher: Steine flogen

Hausbesetzer in Potsdam widersprechen der Polizei: Nicht sie hätten Hertha-Fans angegriffen, sondern umgekehrt

Die am Samstag geräumten Bewohner eines besetzten Hauses in Potsdam-Babelsberg haben gestern der Polizei widersprochen, sie hätten Berliner Fußballfans angegriffen. Die Polizei hatte nach den Auseinandersetzungen das seit Anfang 2000 besetzte Haus geräumt. 15 Personen waren festgenommen worden. Die Bewohner hatten eine Nutzungsvereinbarung mit der Stadt Potsdam.

Nach Angaben der Potsdamer Polizei sollen einige Hausbesetzer eine Gruppe von Hertha-BSC-Fans, die auf dem Rückweg vom Pokalspiel beim SV Babelsberg das Haus passierten, als „Nazis“ beschimpft und mit Steinen beworfen haben. Bei der anschließenden Durchsuchung des Hauses sei „diverses Diebesgut und Waffen“ sichergestellt worden, so Polizeisprecherin Angelika Christen.

Ein Sprecher des Bewohner-Vereins Utopia erklärte hingegen, Ausgangspunkt seien rassistische und antisemitische Sprechchöre gegen Spieler und Fans des SV Babelsberg aus dem Block der Hertha-Fans schon während des Spiels gewesen. Dabei soll auch der Hitlergruß gezeigt worden sein.

Nach Spielende seien die Fans von der Polizei an dem Haus in der Rudolf-Breitscheid-Straße vorbeigeleitet worden. Vor dem Haus hätte sich dann eine Gruppe von etwa 150 Leuten versammelt, die allerdings nicht als Fans erkennbar gewesen seien, berichtet Hausbewohner Michael Staade: „Das sind organisierte Rechtsextremisten gewesen.“ Die Gruppe hätte rechte Parolen gegröhlt, den Hitlergruß gezeigt, mit Steinen und Flaschen das Haus beworfen und versucht die Eingangstür aufzubrechen. Die Polizei sei erst nach längerem Zögern eingeschritten und hätte die Gruppe dann zum Bahnhof geleitet.

Erst etwa eine Stunde später habe die Polizei das Haus gestürmt und die Bewohner mit massiver Gewalt herausgezerrt und niedergeschlagen, berichtet Staade. Augenzeugen bezeichneten den Polizeieinsatz als „brutal“ und „unverhältnismäßig“.

Laut Staade beschlagnahmten die Beamten bei dem Einsatz einen wichtigen Vertrag zwischen den Bewohnern und der Stadt für ein neues Domizil in der Zeppelinstraße, in das die Bewohner in den nächsten Wochen ziehen wollten, und ein Video, auf dem die Besetzer den Vorfall gefilmt hatten.

Gegen die Beschuldigten im Alter von 18 bis 31 Jahren, die mittlerweile aus der Haft entlassen wurden, ermittelt die Polizei jetzt wegen schweren Landfriedensbruchs. SILKE KATENKAMP