schwarze taz
: Ganz globalistisch: In fünf Krimis um die Welt

So also sind werdende Mütter in Spanien

Der Kolumnist wundert sich über sich selbst. Er hat keine Lust mehr auf angloamerikanische Genre-Erzeugnisse. Er liest lieber Krimis aus Finnland oder der Türkei, aus Italien oder Spanien. Noch nie gab es so viele verschiedene Krimilektüren wie heute. Wie in der Popmusik sind auch im Krimigenre sprachliche und ästhetische Hegemonien endgültig abgeschafft. Deshalb seien an dieser Stelle lesenswerte Neuerscheinungen aus dem globalen Dorf vorgestellt.

Beginnen wir im Norden: Mit „Der einsame Mörder“ serviert uns der Finne Matti Y. Joensuu den zweiten Fall seines Kommissars Harjunpää aus Helsinki. Eine klassische Kriminalgeschichte im Maigret-Stil: Der Kommissar wird mit einer Ermordeten konfrontiert, deren Leiche nach der Erdrosselung makellos arrangiert wurde. Steckt ein gesuchter Heiratsschwindler hinter dem Mord oder gar der neue Freund von Hajunpääs Kollegin Onerva? Auf den Spuren des Mörders streifen wir durch die finnische Hauptstadt und stehen wenig später – am Bosporus, um den zweiten Fall des türkischen Privatdetektivs Remzi Ünal mitzuverfolgen: In „Foul am Bosporus“ soll Ünal verhindern, dass die Spieler eines Istanbuler Fußballvereins bestochen werden, und schon gerät der Privatschnüffler in eine unübersichtliche Mordgeschichte, die dem Autor Celil Oker eine wunderbare Gelegenheit bietet, die dunklen Bereiche seiner Heimatstadt auszuleuchten.

„Ich möchte die ganze Welt zusammenschlagen“ – dieses Zitat von Muhammad Ali steht als Motto dem vierten Roman der Italienerin Rossana Campo voran: „Während meine Schöne schläft“ handelt von einer hochschwangeren Journalistin, die den vermeintlichen Selbstmord einer Freundin aufklären möchte. Eine hochschwangere Ermittlerin? Ein babysofter Mütterlichkeitskrimi also? Ganz im Gegenteil, Rossana Campo nimmt kein Blatt vor den Mund: „Ich lasse meine Hand unterm Tisch auf seinen Schenkel gleiten, einfach weil ich sein stämmiges muskulöses Bein unter den Fingern spüren will. Und wenn ich ihn heute Abend nicht vögle, dann will ich ein Tischbein essen.“ So sind sie, die werdenden Mütter in Italien. Ganz globalistisch schickt der spanische Krimi-Star Manuel Vázquez Montalbán seinen Feinschmecker-Detektiv Pepe Carvalho ins ferne Argentinien. Carvalho will verhindern, dass sein Cousin Raúl sich eigenmächtig auf die gefährliche Suche nach seiner Tochter begibt. In Buenos Aires, der Hauptstadt des Tangos und der Korruption, gerät er in ein Netz von Verschwörern, die einst blutig mordeten, um jetzt brav regieren zu können. Apropos Buenos Aires: Die argentinische Metropole ist auch Schauplatz von „Die Verbrechen des van Gogh“ von José Pablo Feinmann. Wer die Nase voll hat von nackten Realitätsschilderungen, sollte sich diese wahnwitzige Parodie auf die mediale Trashkultur zu Gemüte führen, in dem es um einen Drehbuchautor geht, der die Recherchen für sein Serienkillerskript allzu ernsthaft betreibt. ROBERT BRACK

Matti Y. Joensuu: „Der einsame Mörder“. Aus dem Finnischen von Stefan Moster, btb, 219 Seiten, 17 MarkCelil Oker: „Foul am Bosporus“. Aus dem Türkischen von Ute-Birgi Knellessen, Unionsverlag, 251 Seiten, 16,90 MarkRossana Campo: „Während meine Schöne schläft“. Aus dem Italienischen von Stefanie Risse, Scherz, 158 Seiten, 13,50 MarkManuel Vázquez Montalbán: „Quintett in Buenos Aires“. Aus dem Spanischen von Theres Moser, Piper, 539 Seiten, 46 MarkJosé Pablo Feinmann: „Die Verbrechen des van Gogh“. Aus dem Spanischen von Thomas Brovot und Christian Hansen, Kunstmann, 292 Seiten, 42,80 Mark