Eisernes Händchen

Sozialamt in Greiz bekommt Preis für „Gemeinheit“, weil es einem Flüchtling Armprothesen verweigert hatte

BERLIN taz ■ Den „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ überreichte der Thüringer Flüchtlingsrat gestern an das Sozialamt im thüringischen Greiz. Die symbolische „Auszeichnung“, ein „eisernes Händchen“, erhielt die Behörde, weil sie einem tschetschenischen Flüchtling, der im Bürgerkrieg beide Unterarme verloren hatte, die Versorgung mit Armprothesen verweigert hatte.

Nach Angaben des Flüchtlingsrats hatte das Sozialamt den vor mehr als einem Jahr gestellten Antrag des 25-jährigen Arsen G. auf Armprothesen zuerst monatelang verschleppt und dann abgelehnt. Weil der junge Mann durch Mutter und Ehefrau versorgt sei, bestünde „keine absolute Indikation zur Prothesenversorgung“, hieß es im Behördenbescheid. Das Sozialamt wollte erst den Asylbescheid abwarten, hieß es.

Der Flüchtling benötigt Hilfe bei den Mahlzeiten, beim An- und Auskleiden und beim Toilettengang. „Das Amt nahm in Kauf, dass die Muskulatur der Armstümpfe sich zurückbildet und eine optimale prothetische Versorgung unumkehrbar ausgeschlossen wird“, kritisiert der Thüringer Flüchtlingsrat.

Die Orthopädiefirma Ackermann in Greiz ermöglichte Arsen G. schließlich Anfang September und damit eineinhalb Jahre nach dem schweren Unfall eine Prothesenversorgung. Die Firma wurde durch eine Spende Greizer Bürger in Höhe von 26.000 Mark unterstützt.

Doch damit hatte die Odyssee des jungen Mannes beim Sozialamt noch kein Ende: Das Amt erlaubte dem Flüchtling erst nach lang währenden Rücksprachen mit anderen Behörden, sich in die Klinik im hessischen Duderstadt zu begeben, in der er operiert wurde. Asylbewerber dürfen nur mit so genannten Urlaubsscheinen der Behörden den Landkreis verlassen.

Gegenwärtig verweigert das Sozialamt die orthopädische Nachbehandlung, durch die der junge Mann Bewegungen erlernen könnte. Ab Oktober werden Arsen G. und seine Familie laut Behördenbescheid keinerlei Bargeld mehr erhalten, weil die Familie sich nicht um ihre Ausreise nach Tschetschenien bemüht hatte. Das Asylverfahren ist aber noch gar nicht abgeschlossen.

Die Greizer Landrätin Martina Schweinfurth (CDU) ließ durch ihre Pressestelle ausrichten, der Preis sei eine „Ehre“ für ihr Amt und bestätige dessen Arbeit.

Mit dem „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ zeichnet der Thüringer Flüchtlingsrat Behörden, AmtsträgerInnen oder PolitikerInnen im Freistaat aus für „besondere Anstrengungen bei der Diskriminierung und Ausgrenzung von Flüchtlingen“.

MARINA MAI