Südostasiatische Terrorgruppen im Visier

USA erhöhen in den Philippinen, Indonesien und Malaysia den Druck auf mutmaßliche Verbündete Ussama Bin Ladens

BERLIN taz ■ Die USA werden Hubschrauber, Spezialausrüstungen und Militärberater auf die Philippinen schicken, um den Kampf des dortigen Militärs gegen die islamistische Kidnapper- und Rebellengruppe Abu Sayyaf (Träger des Schwerts) zu verstärken. Das kündigte gestern der Sprecher von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo, Rigoberto Tiglao, in Manila an. Abu Sayyaf steht laut amerikanischer und philippinischer Regierung in Verbindung mit Ussama Bin Laden und seinem Netzwerk al-Qaida.

Laut Tiglao nehmen die US-Militärs aber nicht an Kampfhandlungen gegen Abu Sayyaf teil und befehligen auch keine philippinischen Truppen. Diese versuchen seit Ende Mai auf der südlichen Inseln Basilan Geiseln von Abu Sayyaf zu befreien, darunter zwei US-Amerikaner. Während der Tod einer dritten US-Geisel gestern in Washington offiziell bestätigt wurde, gelang in Basilan drei philippinischen Geiseln die Flucht. Damit befinden sich noch 14 Personen in der Hand von Abu Sayyaf. Die Gruppe hatte vergangenes Jahr mit der Entführung von 21 Touristen und Einheimischen auf Jolo, darunter der Familie Wallert, für Schlagzeilen gesorgt.

Tiglao dementierte einen Bericht der New York Times vom Mittwoch, wonach die Aktivitäten von Abu Sayyaf die Philippinen zum Ziel eines offenen oder verdeckten US-Militäreinsatzes gegen Terroristen machen. Das Blatt hatte einen US-Beamten zitiert, dass „Bin Laden und seine Leute“ in den vergangenen Jahren ihre Aktivitäten auf den Philipinen, in Malaysia und Indonesien ausgedehnt hätten. Dabei seien die Philippinen „das Operationszentrum“.

Auch Vertreter der indonesischen und malaysischen Regierung sowie US-Außenminister Colin Powell dementierten die Möglichkeit eines direkten militärischen Eingreifens von US-Soldaten in den jeweiligen Ländern. Der US-Botschafter in Singapur, Frank Lavin, sagte gestern, wahrscheinlicher sei eine Verstärkung des Kampfs gegen Geldwäche. Südostasiatische Sicherheitsexperten sprachen auch von verstärkter Geheimdienstkooperation. Singapurs Straits Times zitierte eine ungenannte Quelle im indonesischen Militär, der zufolge bereits drei CIA-Agenten in Jakarta seien, um der Regierung im Kampf gegen extremistische Gruppen zu helfen. Ein direktes Eingreifen des CIA in Indonesien könne aber nur nach hinten losgehen.

Bei der Anfang der 90er-Jahre gegründeten philippinischen Gruppe Abu Sayyaf, die auf eintausend Rebellen geschätzt wird und als einzige Gruppe Südostasiens auf der US-Liste der 27 Terrororganisationen steht, sprechen einige Indizien für Verbindungen mit Bin Laden. So kämpften der verstorbene Gründer Abdurajak Abubakar Janjalani und der heutige Führer Abu Sabaya in den 80er-Jahren in Afghanistan gegen die Sowjets. Damals rekrutierte Bin Laden ausländische Kämpfer und war dazu selbst auf den Philippinen.

Sein Schwager Mohammed Jalal Khalifa gründete damals auf der Südinsel Mindanao die Internationale Islamische Hilfsorganisation sowie eine Schule. Das heutige Verhältnis zwischen Khalifa und Bin Laden ist jedoch unklar. Im Juli bot sich Khalifa in einem Brief an Präsidentin Arroyo vergeblich als Vermittler zur Freilassung der Geiseln an. Nach dem 11. September wurde er in Saudi-Arabien verhaftet und bestritt jede Verbindung zum Terrorismus.

1995 wurde in Manila Abdul Hakim Murad verhaftet. Er hatte seine Wohnung mit Ramzi Yousef geteilt, der später in den USA für den Anschlag auf das World Trade Center 1993 verurteilt wurde und zum Netzwerk Bin Ladens gehören soll. Murad berichtete Manilas Behörden von Plänen, ein Dutzend Jets gleichzeitig zu entführen und sie in den USA in Gebäude zu fliegen. Die Informationen gab man dem FBI, das sie offenbar nicht ernst nahm. Murads Verhaftung galt bisher als Ende der Aktitivitäten Bin Ladens auf den Philippinen. Laut philippinischen Medien lebten aber zwei der Flugzeugentführer vom 11. September im letzten Jahr mehrere Monate auf den Philippinen. Ein mutmaßlicher weiterer wurde noch Anfang September in Manila von der Polizei überprüft.

In Indonesien werden die Organisationen Laskar Jihad (Kräfte des Dschihad) und Front Pembelaan Islam (Front zur Verteidigung des Islam) und in Malaysia Kumpulan Mujahideen Malaysia (Gruppe der Gotteskrieger Malaysias) verdächtigt, Teil des Netzwerks Bin Ladens zu sein. Auch die Führer dieser Organisationen sollen in den 80er-Jahren in Afghanistan gekämpft haben. Laskar Jihad soll 2000 für den Kampf gegen Christen auf den Molukken auch hunderte Afghanen rekrutiert haben. US-Präsident Bush dürfte beim Apec-Gipfel in Schanghai Ende nächster Woche mit den Regierungschefs der Philippinen, Indonesiens und Malaysias über Aktionen gegen diese Gruppen sprechen.

SVEN HANSEN